1. Bestehen zwischen nahen Verwandten tatsächlich von familiärer Verbundenheit geprägte engere Bindungen, sind diese vom Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst. Er umfasst das Recht, bei der Entscheidung über die Auswahl eines Vormunds in Betracht gezogen zu werden. Großeltern und sonstigen nahen Verwandten kommt bei der Auswahl des Vormunds der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist.

2. Für die Frage, ob im konkreten Einzelfall dem Kindeswohl durch die Bestellung eines außenstehenden Vormunds besser gedient ist als durch die Auswahl der Großeltern, kommt es auch darauf an, ob das Kind bereits bei den Großeltern lebt oder zeitnah zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt gelebt hat, weil die Herausnahme des Kindes aus seiner gewohnten Umgebung regelmäßig eine erhebliche psychische Belastung bedeutet.

3. Generelle Annahmen können das Übergehen der Großeltern bei der Bestimmung des Vormunds von Verfassungs wegen nicht tragen. Vielmehr bedarf es der Darlegung konkreter Erkenntnisse darüber, dass dem Wohl des Kindes angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist. Hierbei ist auch der Wunsch des Kindes, bei den Großeltern bleiben zu wollen, zu berücksichtigen.

4. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz begründet generell keinen Anspruch auf eine zweite Instanz. Die Annahme der Fachgerichte, § 59 Abs. 1 FamFG verschaffe Großeltern grundsätzlich keine Beschwerdebefugnis gegen die Bestellung einer anderen Person zum Vormund ihres Enkels, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

(Leitsätze der Redaktion)

BVerfG, Beschl. v. 27.8.2014 – 1 BvR 1467/14 (OLG Hamm, AG Detmold)

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