[1] I. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Bestellung einer Großmutter zur Vormundin ihres Enkelsohnes.

[2] 1. Die Beschwerdeführerin ist Mutter eines Sohnes und Großmutter von drei Enkelkindern im Alter von einem, drei und sieben Jahren. Das hiesige Verfahren betrifft allein den ältesten Enkelsohn. Im ersten halben Jahr nach der Geburt dieses Enkels lebten die Eltern mit der Beschwerdeführerin und deren Mann (dem Stiefvater des Vaters) in einem Haus. Auch danach haben die Großeltern das Kind an jedem zweiten Wochenende zu sich genommen.

[3] a) Im November 2012 entzog das Amtsgericht den Eltern einstweilig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und das Recht zur Beantragung von Erziehungshilfen für alle drei Kinder und bestellte das Jugendamt zum Vormund. Das älteste Kind wechselte unmittelbar in den Haushalt der Beschwerdeführerin.

[4] b) Im amtsgerichtlichen Hauptsacheverfahren einigten sich die Eltern und das Jugendamt zunächst darauf, dass der älteste Enkelsohn bis zur Vorlage eines Gutachtens zur elterlichen Erziehungsfähigkeit bei den Großeltern bleiben soll. Das Amtsgericht holte ein familienpsychologisches Gutachten dazu ein, ob es erforderlich sei, den Eltern das Sorgerecht zu entziehen. Die Beschwerdeführerin beantragte, ihr die Vormundschaft für den ältesten Enkel nach zu übertragen.

[5] In der mündlichen Verhandlung äußerte der zu einem Verbleib des Kindes bei den Großeltern befragte Sachverständige, nach seiner Einschätzung könne sich das Kind in einer Pflegefamilie aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlich besser entwickeln. Auch die Verfahrensbeiständin und die Vertreterin des Jugendamts sprachen sich dafür aus, eine dritte Person zum Vormund zu bestellen. Die Eltern des Enkelsohns erklärten hingegen beide, es sei ihnen wichtig, dass das Kind bei den Großeltern bleiben könne. Die Beschwerdeführerin wiederholte in der mündlichen Verhandlung, Hilfen für das Kind und gegebenenfalls auch für sich selbst in Anspruch nehmen zu wollen.

[6] c) Mit Beschl. v. 18.11.2013 entzog das Amtsgericht den Eltern das gesamte Sorgerecht für den ältesten Sohn und bestellte die vormalige Verfahrensbeiständin der Kinder zur Vormundin. Das Amtsgericht begründet seine Entscheidung wie folgt: Die Großeltern, die als Verwandte grundsätzlich bevorzugt zu behandeln seien, schieden als Vormund aus. Insoweit schließe sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, der Meinung der Verfahrensbeiständin und der Vertreterin des Jugendamts an. Die Beschwerdeführerin sei als Mutter des Kindesvaters zu sehr in die familiären Strukturen eingebunden, als dass sie in jeder Situation die beste Entscheidung zum Wohle des Kindes treffen könnte. Die nötige Distanz zum Kindesvater fehle. Zum Beispiel müsse der Vormund zusammen mit den Eltern zukünftig den Umgang, die Dauer und die Ausgestaltung der Umgangskontakte regeln und zwar im Interesse des Kindes. Dies sei aber gerade in Bezug auf den Kindesvater schwierig, da dieser ja das eigene Kind sei. Aber auch gegenüber der Kindesmutter, die sich vom Sohn getrennt habe und vielleicht dauerhaft mit einem neuen Partner zusammenlebe, könne es schwierig sein, sich neutral und im Interesse des Kindes zu verhalten. Das Gericht gehe davon aus, dass die Beschwerdeführerin in Konfliktsituationen mit dem eigenen Sohn nicht neutral genug im Interesse des Kindes entscheiden könne. Dies sei keine bewusste Entscheidung der Großeltern, sondern seien vielmehr unbewusste Abläufe innerhalb der Familiendynamik. Zudem seien bei der Beschwerdeführerin bereits jetzt Tendenzen zu erkennen, die die Ausübung einer Vormundschaft erschwerten. Sie wolle vergangene Fehler in Bezug auf den eigenen Sohn wiedergutmachen. Eine Verwöhnung und nicht ausreichende Grenzsetzungen seien die Folge. Dies habe der Sachverständige im Termin überzeugend und nachvollziehbar erklärt. Darüber hinaus müsse das Kind bei der Aufarbeitung der Vergangenheit und insbesondere der erlebten Gewalt die Möglichkeit haben, sich zu Hause fallen zu lassen, mal aggressiv zu sein und schlecht über den Kindesvater/die Kindesmutter sprechen zu dürfen. Dies erscheine im Haushalt der Großeltern schwierig. Entweder nehme sich das Kind zurück, um die Großeltern nicht zu verletzen oder traurig zu machen oder die Großeltern seien nicht in der Lage, angemessen mit den Reaktionen des Kindes umzugehen. Letztlich entscheide das Amtsgericht nur über die Vormundschaft, die weitere Entscheidung über den Verbleib des Kindes bei den Großeltern obliege dem Vormund.

[7] d) Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde gegen den Beschluss ein, weil das Amtsgericht verkannt habe, dass sie nach § 1779 BGB und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorrangig als Vormund zu bestellen sei.

[8] Anfang April 2014 wurde das Kind aus dem Haushalt der Beschwerdeführerin genommen und in einer Pflegestelle untergebracht. Die Vormundin hat es seitdem abgelehnt, den Großeltern Umgang zu ermöglichen.

[9] Mit Beschl. v. 15.4.2014 verwarf das Oberla...

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