Selbst in eindeutigen Fällen lohnt es sich allerdings zu hinterfragen, welche Motive für die Zuwendung z.B. eines Grundstücks bestanden. Viel zu schnell wird die juristische "Flinte" ins Korn geworfen, indem bei einer Zuwendung an beide Ehegatten sofort von einer Privilegierung gegenüber beiden ausgegangen wird. Hierbei werden nicht die Vorgaben beachtet, die der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2007 aufgezeigt hat.[16]

 
Praxis-Beispiel

Der Sachverhalt:

Während der Ehe erbte der Ehemann zusammen mit seiner Schwester und Mutter ein Grundstück. Im Zuge der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wurde gegen Zahlung eines Betrages von 400.000 EUR das Grundstück zu ⅔ dem Ehemann und zu ⅓ der Ehefrau übertragen. Dieser Preis lag wesentlich unter dem Verkehrswert von 1,2 Mio. EUR. Die Belastungen wurden durch die Mieteinnahmen gedeckt.

Im Gegensatz zur Entscheidung des OLG hat der BGH nicht nur den ⅔-Anteil als Anfangsvermögen des Ehemanns bewertet. In Wahrheit sei der Vorgang nämlich in zwei Verträge aufzuspalten. Zum einen übertrugen die Verwandten zunächst an den Ehemann (Sohn/Bruder) den Grundbesitz. Sodann wandte der Ehemann seiner Frau einen Teil des Grundstücks zu. Dieser Vorgang ist selbst nach der neueren Rechtsprechung nicht privilegiert.[17]

Ein Interesse der Verwandten für eine Übertragung an die Ehefrau des Sohnes/Bruders war nach Ansicht des BGH nicht erkennbar. Ohnehin wurden die Belastungen aus den Mieteinnahmen gedeckt, so dass laufende Zuzahlungen aus dem eigenen Vermögen nicht erforderlich waren. Daher sollte bei der Darlegungs- und Beweislast zunächst immer darauf geachtet werden, ob überhaupt ein irgendwie geartetes Interesse für eine Zuwendung an den nicht verwandten Ehegatten bestand. Sofern Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass in Wahrheit ein zweistufiger Erwerb vorgesehen war, ist die Zuwendung in vollem Umfange (nur) dem eigenen Kind zuzurechnen.[18]

Zusätzlich kann der betreffende Ehepartner vielleicht als Argument für einen solchen zweistufigen Erwerb darauf hinweisen, dass dieser steuerlich wesentlich günstigere Voraussetzungen hat. Im Gegensatz zur Zuwendung von Verwandten an das Schwiegerkind mit dem geringen Freibetrag von 20.000 EUR unterliegt die Zuwendung der Ehepartner untereinander ja einem Freibetrag von 500.000 EUR (vgl. §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1, 19 Abs. 1 ErbStG). Sofern die Eheleute keine Steuererklärung abgegeben oder gar keine Steuern bezahlt haben, kann dieser Umstand als ein Indiz für einen zweistufigen Erwerb angeführt werden.

Bislang nicht entschieden, aber durchaus erwägenswert wäre es, folgenden Grundsatz aufzustellen:[19] Wird an einen Verwandten, der bei einer möglichen Erbfolge mit derselben Quote berechtigt wäre, eine Ausgleichszahlung vorgenommen, stellt dieser Betrag im Zweifel zumindest die Summe dar, die dem Anfangsvermögen zugerechnet werden kann. Der ausgezahlte Verwandte soll ja i.d.R. nach dem Willen der Parteien keinesfalls besser gestellt werden, als der Auszahlende. Nach der Lebenserfahrung soll eigentlich derjenige, der das Objekt erwirbt, immer bevorzugt behandelt werden.

[16] FamRZ 2007, 877 = FamRB 2007, 193.
[17] St. Rspr. des BGH, vgl. z.B. FamRZ 1982, 248; bestätigt in FamRB 2011, 1; zweifelnd noch Wever, FamRZ 2010, 1047.
[18] Vgl. hierzu Kogel, Rn 1214.
[19] Vgl. Kogel, Rn 177.

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