1. Ausgangslage

Die Entscheidung des BGH vom 4.10.2017 befasst sich mit der Frage der Abzugsfähigkeit von Kosten, die ein berufstätiger Elternteil für die Betreuung seiner Kinder aufwenden muss.

2. Inhalt der Entscheidung

Die am 4.9.2005 und am 14.11.2007 geborenen Antragsteller sind die Kinder des Antragsgegners aus der im Jahr 2013 geschiedenen Ehe mit der Mutter der Antragsteller. Die Kinder leben im Haushalt ihrer Mutter.

Während des Getrenntlebens hatten die Ehegatten eine bis Dezember 2014 befristete Unterhaltsvereinbarung abgeschlossen, in der sich der Antragsgegner zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 152 % des Mindestunterhalts und zur Zahlung von Trennungs- bzw. nachehelichem Unterhalt in Höhe von monatlich 1.348 EUR verpflichtete hatte. Bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts waren die Betreuungskosten für eine private Tagesmutter und die Kindergartenkosten beim Einkommen der Mutter der Antragsteller als Abzugsposten berücksichtigt worden.

Die Mutter der Antragsteller stellte für die Zeit ab August 2014 eine Tagesmutter zur Betreuung der im Haushalt lebenden Kinder ein. Zu deren Tätigkeit gehören nach dem Arbeitsvertrag die Abholung der Kinder von der Schule, die Zubereitung der Speisen und die Hausaufgabenbetreuung sowie, soweit zeitlich möglich, leichte Hausarbeiten. Die Tagesmutter erhält hierfür eine Vergütung von monatlich 450 EUR. Zusätzlich fallen monatlich rund 128 EUR Abgaben an die Minijob-Zentrale an.

Für die Zeit ab Januar 2015 fand die Mutter der Antragsteller eine deutlich besser bezahlte Arbeitsstelle als in den Jahren zuvor. Vor dem Amtsgericht schlossen die geschiedenen Ehegatten am 25.2.2015 im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens einen Vergleich, in dem sie für die Zeit ab Januar 2015 wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten. Zwischen den geschiedenen Ehegatten ist umstritten, ob dieser Vergleich der besser dotierten Arbeitsstelle der Mutter der Antragsteller oder einem Nachgeben des Antragsgegners hinsichtlich des Zugewinns geschuldet war.

Der Antragsgegner verpflichtete sich im März 2015 in Jugendamtsurkunden zur Zahlung von Kindesunterhalt von je 144 % des Mindestunterhalts. Mitte Juni 2015 beantragten die Antragsteller, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie in Abänderung der Jugendamtsurkunden ab Januar 2015 Mindestunterhalt in Höhe von 160 % sowie einen Mehrbedarf in Höhe von jeweils 175 EUR wegen der Kosten für die Tagesmutter in der Zeit zwischen dem Ende des Schulunterrichts und dem Eintreffen der Mutter zu Hause zu zahlen.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner neben einer Erhöhung des Barunterhalts zur Zahlung von monatlich 75 EUR Mehrbedarf pro Kind verpflichtet. Auf die lediglich gegen die Entscheidung zum Mehrbedarf gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass diese Anträge der Antragsteller insgesamt abgewiesen wurden.

Der BGH hat die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsteller, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts anstreben, zurückgewiesen.

3. Einordnung der Entscheidung

Den Kosten der Kindesbetreuung kommt nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrecht verstärkte praktische Bedeutung zu, weil sowohl der getrennt lebende Ehegatte bei längerer Trennung nach § 1361 BGB als auch der geschiedene kindesbetreuende Elternteil nach § 1570 BGB gehalten ist, die Möglichkeiten einer außerhäuslichen Betreuung zu nutzen, um seinen Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise sicherzustellen.

Der getrennt lebende nicht erwerbstätige Ehegatte kann nach § 1361 Abs. 2 BGB aber nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. Insofern kann insbesondere die Betreuung minderjähriger Kinder einer Erwerbsobliegenheit entgegenstehen. Anders als in § 1570 BGB für den nachehelichen Unterhalt werden die Voraussetzungen, unter denen Trennungsunterhalt wegen Betreuung eines Kindes verlangt werden kann, in § 1361 BGB nicht konkretisiert. Für den Trennungsunterhalt gelten zunächst großzügigere Anforderungen hinsichtlich einer Erwerbsobliegenheit, als sie in § 1574 BGB für den nachehelichen Unterhalt bestimmt sind. Denn die bestehenden Verhältnisse sollen geschützt werden, damit die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erschwert wird. Mit zunehmender Verfestigung der Trennung wird allerdings eine allmähliche Annäherung der unterschiedlichen Maßstäbe der Erwerbsobliegenheit bewirkt; wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit ist, besteht für eine erheblich großzügigere Beurteilung in der Regel kein Grund mehr.[1]

Grundsätzlich haben Kinder einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Einrichtung. Der BGH hat im Jahr 2016 sogar entschieden, dass der zu...

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