1. Ein zentrales Ziel des KindRG vom 16.12.1997[1] war die Verbesserung der Rechte der Kinder sowie die Förderung des Kindeswohls auf bestmögliche Art und Weise.[2] Dieser Zielsetzung stand der zum damaligen Zeitpunkt noch geltende Wortlaut des § 1696 BGB entgegen. Danach konnten Vormundschafts- und Familiengerichte ihre Anordnungen zur elterlichen Sorge jederzeit ändern, wenn sie dies im Interesse des Kindes für angezeigt hielten. Hieraus hatte sich in der Praxis die Handhabung entwickelt, dass Entscheidungen zur elterlichen Sorge, aber auch zum Umgangsrecht, zu leicht und zu schnell abgeändert wurden. Der Gesetzgeber griff daher die in der Rechtsprechung und Literatur geübte Kritik auf, wonach der Erziehungskontinuität stärkere Bedeutung beigemessen werden sollte. Auch der Kritik, dass nach geltendem Gesetzestext die Gerichte ihre Entscheidungen ändern "konnten", wurde Rechnung getragen, d.h. die Änderung von Entscheidungen, die das Kindeswohl nachhaltig berührten, sollten nicht mehr allein im gerichtlichen Belieben stehen. Letztlich wurde auch – zumindest in der Gesetzesbegründung – klargestellt, dass § 1696 BGB sowohl die Abänderung sorgerechtlicher als auch umgangsrechtlicher Regelungen betraf.[3] Erst mit Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 wurde in den Wortlaut von § 1696 Abs. 1 BGB dann auch ausdrücklich aufgenommen, dass sich diese Vorschrift sowohl auf Entscheidungen des Sorge- als auch des Umgangsrechts erstreckt, wobei zudem erstmals auch familiengerichtlich gebilligte Vergleiche i.S.d. § 166 Abs. 1 FamFG von der Abänderungsmöglichkeit erfasst wurden.

Zum 1.7.1998 trat dann das KindRG[4] mit dem neuen Wortlaut des § 1696 Abs. 1 BGB in Kraft, so dass nun die Vormundschafts- und Familiengerichte ihre Anordnungen zu ändern hatten, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt war. Damit wurde klargestellt, dass zentraler Anknüpfungspunkt jeder Änderung einer Sorge- oder Umgangsregelung ausschließlich das Kindeswohl ist,[5] wobei die Abänderungsmöglichkeit gerade auch daraus folgt, dass Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht zwar in formelle Rechtskraft erwachsen, einer materiellen Rechtskraft jedoch nicht zugänglich sind.[6]

Die mit dem KindRG neugefassten Änderungsvoraussetzungen gelten auch in der aktuellen Gesetzeslage unverändert, wobei nun in § 1696 Abs. 1, S. 2, Abs. 2 BGB zudem präzisierend aufgelistet ist, inwieweit ggf. Spezialregelungen vorrangig bei einer Abänderung zu berücksichtigen sein können. Das seitens des Gesetzgebers im Jahr 1997 formulierte Postulat, der Erziehungskontinuität stärkere Bedeutung beizumessen, hat der EGMR in seiner Rechtsprechung bestätigt[7] und gleichzeitig hervorgehoben, dass es primäre Zielsetzung des § 1696 BGB ist, das Kind vor fortwährenden Sorgerechtsverfahren zu schützen und ihm eine stabile und dauerhafte Sorgesituation zu gewährleisten. Im Einklang mit den Zielsetzungen der seit dem Jahr 1998 erfolgten Reformen des Kindschaftsrechts, gerichtet auf die stärkere Beachtung und den Schutz des Kindeswohls, kann die Änderung einer Sorge- oder Umgangsregelung nur dann in Betracht kommen, wenn es einen gewichtigen und vom Antragsteller substantiiert darzustellenden Abänderungsgrund gibt,[8] aus dem sich ableiten lässt, dass er – mit Blick auf das Kindeswohl – die zwangsläufig mit einer Abänderung einhergehenden Veränderungen in der Lebenssituation des Kindes und die hiermit ebenso verbundenen Nachteile klar überwiegt.

2. Betrachtet man diese, nun seit Jahrzehnten das Familienrecht bestimmenden grundlegenden Vorgaben, so bleibt wenig Verständnis für einen Elternteil, der sich innerhalb eines längstens halben Jahres darauf besinnt, dass er entgegen seinen Bekundungen in einem gerichtlich gebilligten Vergleich nicht mehr in der Lage sein soll – auch in Umsetzung seiner Loyalitätspflichten gem. § 1684 Abs. 2 BGB – in 14-tägigem Rhythmus die Kinder zum jeweils anderen Elternteil zu fahren, so dass sie dort ihren Wochenendkontakt ausüben können.

In konsequenter Orientierung an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1696 BGB hat das Amtsgericht Detmold nicht nur den zur Entscheidung gestellten Sachverhalt – einschließlich der Kostenregelung – zutreffend bewertet. Es hat auch der Antragstellerin bzw. ihre(r)m Verfahrensbevollmächtigten sehr deutlich vor Augen geführt, dass ein Blick ins Gesetz sie zwingend von der Einleitung eines unbegründeten und dem Kindeswohl absolut kontraproduktiven Verfahrens hätte abhalten müssen.

Monika Clausius, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Saarbrücken

FF 1/2017, S. 35 - 38

[1] BGBl I 1997, 2942.
[2] BT-Drucks 13/4899, 1.
[3] BT-Drucks 13/4899, 109.
[4] BGBl I 1997, 2942.
[5] BVerfG FamRZ 2012, 1127 m. Anm. Coester, ZKJ 2012, 182.
[7] EGMR FamRZ 2013, 431.
[8] BVerfG FamRZ 2008, 1737 m. Anm. Völker, FamRB 2008, 334.

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