1. a) An einen vollständigen Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts sind auch dann die gemäß Art. 6 Abs. 3 GG für eine Trennung des Kindes von den Eltern geltenden hohen Anforderungen zu stellen, wenn das Kind vom Ergänzungspfleger im elterlichen Haushalt belassen wird. b) Zweifelt das Gericht daran, dass eine Fremdunterbringung des Kindes noch erforderlich ist, darf es die für notwendig erachtete weitere Sachverhaltsaufklärung nicht dem Ergänzungspfleger überlassen, sondern hat diese selbst vorzunehmen und hierzu die Beteiligten anzuhören oder sonstige weitere Ermittlungen anzustellen. c) Soll ein das Kindeswohl gefährdender Wegzug der Mutter mit dem Kind verhindert werden, ist auch eine Beschränkung bzw. ein bloßer Teilentzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts als milderes Mittel gegenüber einem vollständigen Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu prüfen. (BVerfG, Beschl. v. 29.9.2015 – 1 BvR 1292/15, FamRZ 2016, Heft 1, m. Anm. Hammer)
  2. a) In den Antragsverfahren, die sich gegen die bisherige Alleinsorge nach § 1626a Abs. 3 BGB richten, besteht die gesetzliche Vermutung für die Kindeswohldienlichkeit der gemeinsamen Sorge, also der normative Vorrang dieser Sorgezuordnung vor anderen Varianten, aber die Vermutung ist widerleglich und sie wirkt sich nicht als Beweisregel aus. b) Zur Teilhabe auch des nichtehelichen Vaters an der elterlichen Sorge (§ 1626a Abs. 2 S. 1 BGB) bedarf es einer positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit und dafür erforderlicher Tatsachen nicht. Wenn keine Gegengründe festgestellt werden können, ist die gemeinsame Sorge anzuordnen. c) Es obliegt nicht dem Antragsteller, eine durch die begehrte Entscheidung bewirkte günstige Entwicklung darzulegen, sondern die Antragsgegnerin hat Anhaltspunkte und eine darauf beruhende ungünstige Prognose darzulegen. Gelingt ihr dies nicht oder unterbleibt jeder Vortrag zur Entwicklung des Kindeswohls, so ist der Antrag begründet. d) Das Gericht darf sich Erkenntnissen aus Quellen außerhalb des Vortrags der Beteiligten nicht verschließen. Anhaltspunkten, die am Maßstab des Kindeswohls für die Beibehaltung der Alleinsorge der Mutter oder doch wenigstens gegen die gemeinsame Sorge sprechen könnten, hätte das Gericht von Amts wegen nachzugehen. (OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.9.2015 – 13 UF 96/15)
  3. Zur Beachtlichkeit des Willens eines 12-jährigen Jungen, aus dem Haushalt der Mutter in den Haushalt des Vaters zu wechseln (OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.5.2015 – 10 UF 3/15, MDR 2015, 1305).
  4. a) Je schwerwiegender durch eine familiengerichtliche Entscheidung – hier Anordnung eines vollständigen Umgangsausschlusses – in Rechte von Verfahrensbeteiligten eingegriffen wird, desto eher ist zur Sachverhaltsaufklärung die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens geboten. b) Vor der Anordnung eines vollständigen Umgangsausschlusses sind mildere Maßnahmen wie z.B. die Anordnung von begleiteten Umgangskontakten zu prüfen. c) Eine gemeinsame Anhörung von vier Kindern in einem Alter von 5 bis zu 11 Jahren erscheint nicht geeignet, um zuverlässig bei jedem Kind einen beachtlichen ablehnenden Kindeswillen hinsichtlich von Umgangskontakten zu ermitteln. d) Die Ermittlung eines beachtlichen ablehnenden Kindeswillens zur Begründung eines vollständigen Umgangsausschlusses macht insbesondere bei kleineren Kindern häufig die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens erforderlich. (OLG Schleswig, Beschl. v. 22.9.2015 – 10 UF 105/15, MDR 2015, 1304)
  5. Kein Zwangsmittel zur Durchsetzung im Vergleich übernommener Verpflichtung zur Erziehungsberatung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.2.2015 – 5 WF 45/15, FamRZ 2015, 2001).

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