Wann eine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft möglich ist, regelt § 1385. Hiernach kann eine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangt werden, wenn die Trennung mindestens drei Jahre andauert, eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist, da Handlungen der in § 1365 oder 1375 Abs. 2 bezeichneten Art zu befürchten sind, wenn der andere Ehegatte über längere Zeit seine wirtschaftlichen Verpflichtungen aus dem ehelichen Verhältnis schuldhaft nicht erfüllt und davon auszugehen ist, dass er diese auch in Zukunft nicht erfüllen wird oder wenn sich der andere Ehegatte ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert, den Antragsteller über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

Die in § 1385 aufgeführten Tatbestände sind abschließend und nicht analogiefähig.[2] Auch auf § 242 kann ein vorzeitiger Zugewinnausgleich nicht gestützt werden.[3]

[2] Braeuer, Der Zugewinnausgleich 2. Aufl. 2021 Rn 700; Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Michael Klein/Hammermann, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 9 Rn 286; MüKo-BGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 1385 Rn 8; Weinreich/Klein/Weinreich, Familienrecht, Kommentar, 2018, Vorbemerkung zu §§ 1385–1388 Rn 4.
[3] Braeuer, Rn 700.

1. § 1385 Nr. 1: dreijährige Trennung

Leben die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt, kann eine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangt werden. Einzige Anspruchsvoraussetzung ist die Trennung der Eheleute[4] – der Begriff des Getrenntlebens ist identisch mit dem des § 1567.[5] Von einem Getrenntleben ist folglich auszugehen, wenn zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht mehr herstellen will. Es kommt insoweit nur auf den objektiven Tatbestand der Trennung an, warum es zur Trennung gekommen ist oder ob ein Ehegatte diese schuldhaft herbeigeführt hat, ist unerheblich.[6] Maßgeblich für die Dauer des Getrenntlebens ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.[7] Wie im Scheidungsverfahren selbst muss die Trennung ununterbrochen angedauert haben, wobei ein Versöhnungsversuch bis zu drei Monaten nicht schadet.[8]

Teilweise war vertreten worden, dass der Schutzzweck des § 1365 ausgehöhlt werde, wenn nur an die dreijährige Trennungszeit angeknüpft werde, da § 1365 den anderen Ehegatten vor der Gefährdung seiner Zugewinnausgleichsanwartschaft schützen und dieser Schutzzweck grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Scheidung fortbestehen solle.[9] Da auch der Ausgleichsberechtigte eine Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen kann und er zudem die Möglichkeit hat, seinen Anspruch durch Arrest zu sichern, überzeugt diese Auffassung nicht. Entsprechend ist höchstrichterlich zwischenzeitlich auch geklärt, dass § 1365 einer vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach dreijähriger Trennung nicht entgegensteht, die über den Trennungszeitpunkt hinausgehende Darlegung eines berechtigten Interesses also nicht erforderlich ist.[10]

[4] BGH FamRZ 2019, 1045; OLG Dresden FamRZ 2017, 1563; Büte, Im Blickpunkt: Der vorzeitige Zugewinnausgleich, FuR 2018, 172.
[5] Baumgärtel/Laumen/Prütting/Schick, Handbuch der Beweislast, 4. Aufl. 2019, § 1386 Rn 2; Büte, FuR 2018, 172.
[6] Büte, FuR 2018, 172; MüKo-BGB/Koch, § 1385 Rn 9; Weinreich/Klein/Weinreich, § 1385 Rn 4.
[7] Baumgärtel/Laumen/Prütting/Schick, § 1386 Rn 2; Büte, FuR 2018, 172.
[8] OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1996; Jüdt, Zugewinnausgleich und … "V" wie vorzeitiger Zugewinnausgleich, FuR 2021, 586, 590.
[9] Vgl. Schöfer-Lieb, Vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und Schutzzweck des § 1365 Abs. 1, FamRZ 2011, 1628, 1629.

2. Gefährdung der Ausgleichsforderung

Die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft kann gemäß § 1385 Nr. 2 verlangt werden, wenn Handlungen der in § 1365 oder § 1375 Abs. 2 bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist.

Gemäß § 1365 kann ein Ehegatte sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Von einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen ist bei kleineren Vermögen bereits auszugehen, wenn mehr als 85 % des Vermögens übertragen werden[11] und bei größeren Vermögen, wenn dem verfügenden Ehegatten weniger als 10 % seines ursprünglichen Gesamtvermögens verbleiben.[12] Nach § 1375 Abs. 2 wird dem Vermögen eines Ehegatten der Betrag hinzugerechnet, um den der Ehegatte das Vermögen nach Eintritt des Güterstandes vermindert hat durch unentgeltliche Zuwendungen (Ausnahme bei Entsprechen einer sittlichen Pflicht oder Anstandsschenkungen), Vermögensverschwendung oder Handlungen in Benachteiligungsabsicht. Die Ausnahmen des § 1375 Abs. 3 S. 1 BGB (Einverständnis und Ablauf einer 10-Jahres-Frist) sind zu beachten, auch wenn sie in § 1385 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht ausdrücklich genannt sind.[13]

Wie sich dem Wortlaut des § 1385 Nr. 2 entnehmen lässt, müssen Handlungen in der in § 1365 oder 1375 Abs. 2 bezeichneten Art noch nicht vorgenommen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge