Einführung

Der nachfolgende Beitrag gibt die wesentlichen Entscheidungen betreffend den Versorgungsausgleich für das Jahr 2019 und bis Juni 2020 wieder und knüpft an den Aufsatz in der FF 2019, 356 an.

Im Mittelpunkt des vorgenannten Zeitraums stand die Frage der gleichwertigen Teilhabe des Ausgleichsberechtigten im Rahmen der internen Teilung und die grundlegende Entscheidung des BVerfG im Rahmen der externen Teilung nach § 17 VersAusglG. Dabei geht das BVerfG davon aus, dass die Norm prinzipiell verfassungsgemäß ist. Der Ausgleich kann jedoch dann verfassungswidrig sein, wenn bei der verpflichteten Person eine Kürzung des Anrechts erfolgt, ohne dass sich dies entsprechend im Erwerb eines selbstständigen Anrechts für die berechtigte Person auswirkt.

I. Auszugleichende Anrechte (§§ 1, 2 VersAusglG)

Der BGH hat festgelegt, unter welchen Voraussetzungen das Anrecht eines Gesellschaftergeschäftsführers als verfestigtes Anrecht im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG anzusehen ist, sofern das Anrecht im Fall eines beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführers nicht in den Anwendungsbereich des BetrAVG fällt. Nur wenn die Versorgungszusage noch einen besonderen Vorbehalt enthält, der dem Versorgungsträger eine einseitige Lösung von dem Versorgungsversprechen ermöglicht, ist von einer Verfallbarkeit auszugehen. Nicht maßgeblich sind hingegen die gesetzlicherseits gegebenen Möglichkeiten, die Versorgungszusage bei atypischen Geschehensabläufen wegen Rechtsmissbrauch oder Wegfall der Geschäftsgrundlage kürzen oder aufheben zu können.[1]

Der BGH hat darauf hingewiesen, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, der mindestens 50 % der Geschäftsanteile hält, keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG ist.[2] Damit ist seine Versorgung nur im Falle einer Rentenzusage im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.

Lebensarbeitszeitkonten, die primär den Zweck haben, vergütete und sozialversicherte Auszeiten unter Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses oder eine Altersfreistellungsphase zu ermöglichen, unterfallen nicht dem Versorgungsausgleich, auch wenn sie während der Ehezeit angespart wurden.[3]

Das OLG Koblenz[4] hat nochmals klargestellt, dass Versorgungsanwartschaften, die während der Ehezeit für vor der Ehezeit liegende Zeiträume durch erbrachte Beitragsleistungen erworben wurden, dem Versorgungsausgleich unterliegen. Hier gilt das sogenannte In-Prinzip (§ 3 Abs. 2 VersAusglG).

Das OLG Koblenz[5] weist darauf hin, dass eine Versorgung wegen Alters im Sinne des § 2 Abs. 2 VersAusglG nur dann vorliegt, wenn die Versorgungsleistung mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze im Anschluss an ein Beschäftigungsverhältnis gewährt wird. Rentenleistungen die unabhängig vom Alter des Berechtigten gewährt werden, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

Nach Auffassung des OLG Frankfurt[6] können auch gepfändete und zur Einziehung übertragene Anrechte durch interne Teilung ausgeglichen werden. Voraussetzung ist, dass noch keine Verwertung stattgefunden hat. Im Rahmen der Tenorierung muss das Familiengericht ergänzend anordnen, dass die Übertragung des Anrechts mit den sich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergebenden Beschränkungen zu erfolgen hat. Ebenso muss der schuldrechtliche Anspruch auf Rückgewähr des mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss übertragenen Anrechts an den ausgleichsberechtigten Ehegatten mitübertragen werden.

Die Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft einer Direktversicherung von dem Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer beseitigt nicht den ehezeitlichen Rechtscharakter der betrieblichen Altersversorgung.[7] Damit ist der betriebliche Anteil der Versorgung, unabhängig davon, ob sie eine Renten- oder Kapitalleistung vorsieht, im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Der Teil des Anrechts, den der Arbeitnehmer mit privaten Beiträgen nach seinem Ausscheiden erwirbt, ist im Fall einer Rentenleistung dem Versorgungsausgleich und im Fall der Kapitalleistung dem Zugewinnausgleich zuzuordnen.[8]

[7] OLG Oldenburg FamRZ 2019, 1606.
[8] OLG Oldenburg FamRZ 2019, 1606; OLG Köln FamRZ 2015, 1798.

II. Bewertungsstichtag (§ 5 Abs. 2 VersAusglG)

Die mit dem nachehezeitlich eingetretenen Versorgungsfall einhergehende Unverfallbarkeit der auf der allgemeinen Lohnentwicklung beruhenden Anwartschaftsdynamik einer endgehaltsbezogenen betrieblichen Altersversorgung gehört zu den auf den Ehezeitanteil zurückwirkenden tatsächlichen Änderungen, die im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung zu berücksichtigenden sind.[9] Die Frage, ob der Ausgleichswert die Wertgrenze für eine einseitig auf Verlangen des Versorgungsträgers durchzuführende externe Teilung (§§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG) überschreitet, beurteilt sich nach der Bewertung des Anrechts zum Ende der Ehezeit.[10] Im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 VersAusglG und unter der Voraussetz...

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