In allen Landesverfassungen, mit Ausnahme der staatsorganisatorischen Verfassung von Hamburg, sind mittlerweile Kinderrechte verankert. Aus den landesrechtlichen Bestimmungen eine Richtschnur für eine Grundgesetzergänzung zu entwickeln, ist aber schon deshalb problematisch, weil sich die jeweiligen Regelungen sowohl inhaltlich als auch dem Umfang nach zum Teil deutlich voneinander unterscheiden. Auch Schutzintensität und Zielrichtung sind unterschiedlich.

Obwohl in den Landesverfassungen vielfach von einem "Recht" für Kinder die Rede ist, ist damit nicht in jedem Fall ein subjektiv-öffentliches Recht gemeint. Häufig handelt es sich um objektiv-rechtliche Vorschriften, Staatsziele oder Programmsätze.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Grundgesetz normenhierarchisch auf einer höheren Ebene steht als die Landesverfassungen. Eine Ergänzung des Grundgesetzes hat, da es um die Grundordnung für die gesamte Bundesrepublik geht, deutlich weiterreichende Wirkung als Änderungen einer Landesverfassung. Trotz dieser Unterschiede können die landesverfassungsrechtlichen Kinderrechtsbestimmungen für die Arbeiten zur Grundgesetzänderung eine gewisse Orientierung bieten. So ist den Regelungen jüngeren Datums gemeinsam, dass sie ihrerseits an die UN-Kinderrechtskonvention anknüpfen, vor allem dort, wo es um Grundrechtssubjektivität, Kindeswohl und die Entwicklung von Kindern geht.

Fragt man danach, ob und welche Wirkungen die Aufnahme von Kindergrundrechten in die Landesverfassungen gehabt hat, etwa im Verhältnis zu Elternrechten oder staatlichen Aktivitäten, gibt es nur wenige gesicherte Erkenntnisse. Gerichtsentscheidungen, die aufgrund der landesrechtlichen Kinderrechtsregelungen zu einer grundsätzlichen Neubewertung des Verhältnisses Kinder – Eltern – Staat führten, scheinen bislang nicht getroffen worden zu sein. Dort, wo Landesverfassungsgerichte Verfahren zu entscheiden hatten, in denen Bestimmungen zu Kinderrechten eine Rolle spielten, orientierten sie sich im Wesentlichen an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 GG.

Der Verankerung von Kinderrechten in den Landesverfassungen wird vor allem bewusstseinsschärfende Bedeutung zugeschrieben. Teilweise wird festgestellt, dass junge Menschen stärker in den Fokus von Politik, Verwaltung und Justiz gerückt seien. Die Aufnahme von Kinderrechten in die nordrhein-westfälische Landesverfassung habe sukzessive durch Schaffung gesetzlicher, finanzieller und verwaltungsmäßiger Rahmenbedingungen zu mehr Beachtung von Kinderrechten, auch bei der Ausführung von Gesetzen geführt, heißt es in einem Bericht der Landesregierung. Vergleichende Studien zu den Wirkungen unterschiedlicher Regelungskonzepte für die Verankerung von Kindergrundrechten scheint es jedoch bislang nicht zu geben.

Kurz und knapp: Alle Landesverfassungen, mit Ausnahme der hamburgischen, enthalten Regelungen zu Kinderechten. Neuere Bestimmungen sind inspiriert durch die Kinderrechtskonvention. Schutzinhalte und Regelungsintensität der jeweiligen landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen sind jedoch uneinheitlich. Vor allem aber unterscheidet sich das Grundgesetz in seiner Konzeption und Geltung erheblich von den Landesverfassungen. Die dortigen Regelungen bieten deshalb für die geplante Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz nur sehr begrenzt Orientierungshilfe.

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