Entscheidend ist vor allem im Zusammenhang mit der verfestigten Lebensgemeinschaft, dass sich der geschiedene Ehegatte, der eine neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, damit endgültig aus der nachehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt.

Die verfestigte Lebensgemeinschaft muss als Anwendungsfall der Unbilligkeit nach § 1579 BGB begriffen werden und nicht als Fall der bloßen Bedarfsdeckung i.S.d. § 1577 Abs. 1 BGB.

Die nacheheliche Solidarität ist das Grundprinzip des nachehelichen Unterhalts, die das Bundesverfassungsgericht bereits 1981 als prägend herausgestellt hat.[40]

Im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung ist auf die konkreten Lebensumstände abzustellen.

Der Umfang der nachehelichen Solidarität beinhaltet den Gedanken der Weiterzahlung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wobei der Umfang entscheidend von der wirtschaftlichen Verflechtung der früheren Ehegatten abhängt.

Die Betreuung gemeinsamer Kinder während der Ehe und die Haushaltstätigkeit des einen Ehegatten bedingen eine gesteigerte nacheheliche Solidarität, wobei die Frage der Ehedauer im Einzelfall auch zu prüfen ist.

"Die nacheheliche Solidarität ist aber keine Einbahnstraße."[41] Dies bedeutet, der Unterhaltsberechtigte ist daran festzuhalten, die Belastungen des Unterhaltspflichtigen in vernünftigen Grenzen zu halten. Das gilt vor allem bei einer kinderlosen Ehe. In diesem Fall ist wesentlich früher zumutbar, von dem Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB auf eine angemessene Lebensstellung zurückzukehren.

§ 1579 BGB ist das klassische Beispiel für die Dynamik und die Entwicklung, die das Familienrecht in den letzten zehn Jahren auszeichnen. Das gilt für die Änderung der gesetzlichen Vorschriften, aber auch für die damit angestoßene Entwicklung der Rechtsprechung in diesem wichtigen Teilaspekt des Unterhaltsrechts.[42]

Bei dem Aufsatz handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Vortrages bei der 21. Jahresarbeitstagung Familienrecht des DAI am 21.4.2018 in Köln.

Autor: Klaus Schnitzler , Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen

FF 11/2018, S. 431 - 438

[40] Vgl. BVerfG FamRZ 1981, 745, 751.
[41] Dose, Ehe und nacheheliche Solidarität, FamRZ 2011, 1343 ff. (1347); grundlegend Brudermüller, Geschieden und doch gebunden?, S. 128 ff.
[42] Vgl. außerdem Palandt/Brudermüller, 77. Aufl. 2018, § 1579 Rn 36, 37.

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