Christiane A. Lang

Für die Mandantschaft ist die Sache ganz klar: Ohne Eltern keine Familie und so soll der ihr bereits vertraute Familienrechtler bitte auch zu einer einfachen Frage des Elterngeldrechts beraten: Zuständigkeit qua Annexkompetenz, sozusagen. Wie auch immer. Der Rückzug auf den Standpunkt, dass es sich bei dem im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geregelten Anspruch auf Elterngeld um eine sozialrechtliche Materie handelt, erscheint jetzt irgendwie abgeschnitten. Der Blick über den familienrechtlichen Tellerrand steht also an.

Wer die Kernvorschriften des Elterngeldrechts, die gerade einmal einige wenige Paragraphen umfassen, aufmerksam liest, ahnt bereits, dass hier der Teufel im Detail liegen kann; nicht ohne Grund gibt das BMFSFJ eine rund 440 Seiten umfassende Verwaltungsvorschrift heraus. Dabei ist das Grundprinzip doch recht einfach: Elterngeld ist grundsätzlich eine an die Höhe des zuvorigen individuellen Nettoeinkommens gekoppelte Entgeltersatzleistung für Erwerbstätige, durch die Einkommenseinbußen, die mit der Übernahme von tatsächlicher Erziehungs- und Betreuungsverantwortung einhergehen, kompensiert werden sollen. Auch das "Problem" der Mandantin ist schnell identifiziert: Sie möchte wissen, ob für den Elterngeldanspruch Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Die Antwort lautet (wie so oft): Es kommt darauf an.

Während für die Berechnung der Anspruchshöhe nur Einkommen aus Erwerbstätigkeit zählt, (Kapitalerträge also grundsätzlich nicht anspruchserhöhend wirken, aber auch nicht schaden), können sie sich dagegen eine Stufe vorher, bei der Prüfung der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen, als echtes K.-o.-Kriterium erweisen. Das BEEG sieht nämlich u.a. einen Ausschluss für diejenigen vor, die im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 250.000 EUR (oder als Paar mehr als 500.000 EUR) erzielt haben. Der Wortlaut wie auch der Gesetzeszweck legen es daher nahe, dass im Rahmen des Ausschlusstatbestandes auch sämtliche Kapitalerträge zu berücksichtigen sind, einschließlich bereits gesondert mit der Abgeltungssteuer versteuerter Einkünfte aus Kapitalvermögen, wie es das Sozialgericht München jüngst in seinem Urteil vom 9.2.2018 (S 46 EG 87/17, juris) klargestellt hat. Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, dass hier die Reduzierung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung auch ohne Bezug von Elterngeld realisierbar sein wird. Dies spreche im Rahmen des Ausschlusstatbestands für die Einbeziehung von Kapitalerträgen und dagegen, diese zu privilegieren.

Den Leistungsausschluss vor Augen, kommt nun jedoch "Hilfe" von eher unerwarteter Seite – dem BMFSFJ: Aufgrund besserer Verwaltungspraktikabilität sollen die Elterngeldstellen der Jugendämter bei der Ermittlung des Einkommens nämlich nur solche Kapitalerträge berücksichtigen, die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergeben (so die BEEG-Richtlinie des BMFSFJ, Ziff. 1.8). Für die Praxis dürfte dies bedeuten, dass die Elterngeldstellen von vielen Einkünften aus Kapitalvermögen gar keine Kenntnis erlangen, weil sie der Abgeltungssteuer (§ 32d EStG) unterfallen und diese bereits durch die Banken abgeführt wurde, sodass die Kapitalerträge zulässigerweise nicht noch einmal mittels der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung mitgeteilt werden mussten, weswegen sie sich dann auch nicht dem vorzulegenden Steuerbescheid entnehmen lassen werden (vgl. Dau, jurisPR-SozR 6/2018 Anm. 5).

Ob das vom Gesetzgeber wirklich so gewollt war?

Autor: Christiane A. Lang

Christiane A. Lang, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Berlin

FF 11/2018, S. 425

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