BGB § 313 § 730 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2

 

Leitsatz

1. Bei der Prüfung der Frage, ob wegen einer in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgten gemeinschaftsbezogenen Zuwendung (hier: Leistungen für ein Wohnhaus) ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage besteht, gebieten es Treu und Glauben nicht zwangsläufig, die Vermögenszuordnung im Hinblick auf die während des Zusammenlebens günstigeren Einkommensverhältnisse des Zuwendenden beizubehalten. Wesentliche Bedeutung kommt vielmehr auch dem Umstand zu, inwieweit die Vermögensmehrung noch vorhanden ist.

2. Die im Rahmen eines Anspruchs nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB behauptete Zweckabrede, der Leistende habe die Erwartung gehegt, an dem mit seiner Hilfe ausgebauten Haus langfristig partizipieren zu können, kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Möglichkeit des Scheiterns einer Beziehung könne nie ausgeschlossen werden. Einer solchen Zweckabrede steht auch weder entgegen, dass der Leistungsempfänger Alleineigentümer der Immobilie ist, noch, dass das Errichten eines Eigenheims der Befriedigung des Wohnbedarfs und damit letztlich dem Unterhalt der Familie gedient hat.

BGH, Urt. v. 6.7.2011 – XII ZR 190/08 (OLG Schleswig, LG Kiel)

Anm. d. Red.: Die Entscheidung ist u.a. abgedruckt in FamRZ 2011, 1563.

 
Anmerkung

Streitigkeiten im Rahmen der Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften betreffen häufig die Mitfinanzierung einer Immobilie oder den gemeinsamen Hausbau. Meist waren es die Männer oder deren Erben, die diesbezüglich erbrachte Geldleistungen zurückforderten. Die Frauen wandten regelmäßig ein, die Geldleistungen seien im Rahmen des Zusammenlebens erbracht worden.

1. Die Mitfinanzierung von Immobilien und Arbeitsleistungen im Rahmen des gemeinsamen Hausbaus wurde zunächst als Aufwendung eingestuft, die der Verwirklichung der Lebensgemeinschaft dienen.[1] Diese sollten auch nach Lösung der Lebensgemeinschaft nicht gegenseitig auf- oder abgerechnet werden. Sie erfolgten aus partnerschaftlicher Solidarität. Dies wurde in einzelnen Entscheidungen auch für Leistungen bestätigt, die über die Trennung hinaus zu einer fortdauernden Vermögenssteige-rung des anderen Partners führten.[2] Ein Partner, der langlebige Wirtschaftsgüter anschafft, sollte nicht besser gestellt sein, als derjenige, der für den täglichen Bedarf einkauft. Entscheidendes Argument für diese "Nulllösung" war die Alleinberechtigung des "Immobilieneigentümers". Hieraus schlossen die Gerichte, dass der mitzahlende oder mitarbeitende Lebensgefährte auch später nach einer Trennung keinen Ausgleich erhalten sollte. Der Ausgleich sollte nur in Sonderfällen durchgeführt werden. Voraussetzung für eine analoge Anwendung der Liquidationsvorschriften der Gesellschaft bürgerlichen Rechts war, dass die Lebensgefährten

durch gemeinsame Leistungen zur Anschaffung und zur Erhaltung einer im Alleineigentum eines Partners stehenden Immobilie beigetragen und
diese als gemeinschaftliches Vermögen angesehen hatten.[3]

2. Eine "leichte" Kurskorrektur erfolgte 1991,[4] wonach es nicht mehr auf die formal dingliche Zuordnung des Vermögensgegenstandes nach außen ankommen sollte. Maßgeblich sollte bei einem gemeinsam erworbenen oder erbauten Haus oder einer gemeinsam gekauften Eigentumswohnung vielmehr eine Gesamtwürdigung sein. Entscheidend kam es danach auf wesentliche Beiträge desjenigen Partners an, der nicht (Mit-)Eigentümer der Immobilie war. Maßgeblich sollten insbesondere die Art des geschaffenen Vermögenswertes und die finanziellen Verhältnisse der beiden Partner in der konkreten Lebensgemeinschaft sein. Dem ausgleichsberechtigten Partner standen auch danach nicht ohne Weiteres Zahlungsansprüche in Höhe des Wertes seiner Leistungen zu. Diese mussten sich vielmehr in dem geschaffenen Mehrwert wiederfinden.[5]

3. Nach der Rechtsprechungsänderung des BGH zur Beendigung einer faktischen Lebensgemeinschaft[6] dürfte die Schwelle für einen Ausgleichsanspruch hinsichtlich der Mitfinanzierung und der Mitarbeit bei der Immobilie deutlich niedriger liegen:

a) Allerdings sind Leistungen, die – wie die Entrichtung der Miete für die gemeinsam benutzte Wohnung – das gemeinsame Zusammenleben erst ermöglichten, vom Ausgleich nach einer Trennung ausgenommen. Solche Leistungen werden weiterhin in dem Bewusstsein erbracht, dass jeder Partner nach seinen Möglichkeiten zum gemeinsamen Leben beiträgt. Sie erfüllen somit einen Unterhaltszweck und können nach Beendigung der faktischen Lebensgemeinschaft nicht rückwirkend als zwecklos angesehen werden. Wichtig ist, dass dies auch gilt, wenn ein Partner zwar nicht zu den laufenden Kosten beiträgt, dafür aber größere Einmalzahlungen leistet.[7] Die Abgrenzung fällt gleichwohl nicht leicht. Überschreiten beispielsweise die Zins- und Tilgungsleistungen, die an die Bank für einen Hausbaukredit zu entrichten sind, nicht die Höhe der monatlichen Miete, ist fraglich, ob die Beteiligung des "Nichteigentümer-Lebensgefährten" hiera...

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