Einführung

Durch die Rechtsprechungswende des Familiensenats im Sommer 2008 hinsichtlich der Ausgleichsansprüche zwischen nichtehelichen Partnern ergeben sich neue Probleme. Sie betreffen weniger die Rechtsfolgen bei einer Trennung als beim Tod eines Partners und die Ausweitung der Ansprüche auch auf andere Formen des faktischen Zusammenlebens.

I. Von der nichtehelichen zur faktischen Lebensgemeinschaft

Eine gesetzliche Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft fehlt weiterhin. Allerdings gingen die Rechtsprechung und die h. L.[1] davon aus, dass Definitionsprobleme gleichwohl nicht bestünden. Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft handelt es sich nach dieser Ansicht[2] um eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gemeinsames Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Entscheidend ist das Kriterium des Vorliegens einer sog. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft.[3] Anhaltspunkte sind die Wohngemeinschaft, die Dauer und Intensität der Beziehung, das Vorhandensein einer sexuellen Beziehung, das gemeinsame Wirtschaften, die Verfügungsmacht über Konten des anderen, die gemeinsame Lebensführung, das gemeinsame Auftreten nach außen (z.B. bei Mitnennung in einer Todesanzeige), die gemeinsame Urlaubsgestaltung und der gemeinsame Kauf einer Immobilie. Dagegen soll ein gemeinsamer Telefaxanschluss zum Nachweis des Bestehens einer Lebensgemeinschaft nicht ausreichen.[4] Alle diese Indizien betreffen drei "Eckpunkte", nämlich eine umfassende Lebensgemeinschaft (Wohn-, Wirtschafts- und Sexualgemeinschaft), die Anlage auf Dauer und das Erfordernis der Zweierbeziehung. Entsprechendes gilt wohl nach Anerkennung der eingetragenen Lebenspartnerschaft auch für nicht registrierte gleichgeschlechtliche Paare.

Der Bundesgerichtshof ist nunmehr ausdrücklich von dieser Definition, die im Wesentlichen sozialhilferechtliche Gründe hat und diesbezüglich eine Benachteiligung der Ehe vermeiden soll, ausdrücklich abgerückt. Die Trennlinie verläuft damit nicht mehr zwischen eheähnlichen und sonstigen Lebensgemeinschaften. Vielmehr sind sämtliche Formen des gemeinschaftlichen Lebens und Wirtschaftens jedenfalls im Hinblick auf einen späteren Ausgleich bei ihrer Beendigung gleich zu behandeln. Auf einen sexuellen Bezug soll es nicht ankommen.[5] Als Beispiel nennt der Familiensenat verwitwete Geschwister, sonstige Verwandte oder Freunde. Nachdem nunmehr bereits jedes zehnte Paar, das einen gemeinsamen Haushalt führt, nichtehelich zusammenlebt, nehmen auch die späteren Ausgleichsansprüche an Bedeutung zu. Es handelt sich dabei nicht nur um junge Menschen mit und ohne gemeinschaftliche Kinder, sondern auch um "unechte" Stiefkindfamilien[6] und auf Grund des zunehmenden demographischen Wandels[7] auch um das Zusammenleben von älteren Personen. Das Geschlecht ist hierbei gleichgültig. Das Zusammenleben muss sich zudem nicht auf Zweierbeziehungen beschränken. Umfasst sind beispielsweise auch Frauengemeinschaften von drei oder vier in einem Haus zusammenlebenden Frauen, die sich bei einer Krankheit, der Kinderbetreuung und auch bei Arbeitslosigkeit wechselseitig unterstützen und teilweise die Haushaltsführung, die Freizeit und auch den Urlaub gemeinsam gestalten. Da es auf sexuelle Beziehungen nicht ankommen soll, dürfte es auch nicht schaden, wenn in einer Mehrpersonenbeziehung solche einvernehmlich vorkommen. Pointiert ausgedrückt: Die nunmehrige Rechtsprechung des BGH von 2008 legitimiert rechtlich nunmehr nach 40 Jahren die Kommune I. Insofern würde sich anbieten, auch die Begrifflichkeit zu ändern. Im Anschluss an Löhnig[8] könnte man von "faktischen Lebensgemeinschaften" sprechen.

Unklar ist, wo der BGH eine neue Grenze ziehen wird. Die nunmehrige Bejahung von Ausgleichsansprüchen bei einem "faktischen Zusammenleben" führt zur Verrechtlichung personaler Beziehungen. Sie werden, zumindest in der Phase der späteren Abwicklung, von personalen zu wirtschaftlichen Tauschbeziehungen. Der Gesetzgeber hat in § 1360b BGB[9] erkennen lassen, dass im Interesse des Familienfriedens eine früher praktizierte Großzügigkeit nicht später einer kleinlichen Nachkalkulation unterworfen werden soll. Auch die Zugewinngemeinschaft mit ihren Stichtagsprinzipien, nämlich grundsätzlich der Eheschließung bzw. Lebenspartnerschaftsbegründung und nunmehr der Rechtshängigkeit des Scheidungs- bzw. Aufhebungsantrags[10] zeigt, dass eine spätere "Abrechnung" der gesamten Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsdauer nicht gewünscht wird. Eine Ausnahme hiervon bildet die "zweite Spur" des Ausgleichs neben dem Güterrecht, nämlich die Innengesellschaft und insbesondere der Wegfall der Geschäftsgrundlage so genannter unbenannter Zuwendungen. Der BGH beschränkt diese – insoweit konsequent – auf Ausnahmefälle.[11] Die Übertragung der Ausnahmetatbestände auf die Abwicklung faktischer Lebensgemeinsc...

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