Fachgerichte haben jedoch deutliche Bedenken gegen die gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells geäußert.[7]

Die Leitsätze des Thüringer Oberlandesgerichts lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig:

Zitat

1. Der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils steht – de lege lata – das Fehlen einer Rechtsgrundlage entgegen.

1a. Eine Anordnung in Gestalt einer Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB kommt weder bei wortlautorientierter noch bei teleologischer Gesetzesauslegung in Betracht.

1b. Für eine Analogie zu § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist kein Raum, weil die historische Normgenese gegen die Annahme einer Gesetzeslücke spricht.

1c. Die Zuweisung eines periodisch alternierenden Aufenthaltsbestimmungsrechts ist mit der Systematik der in §§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 1687 Abs. 1 S. 2 BGB verankerten Wertungen strukturell nicht vereinbar.

2. Es gibt in rechtstatsächlicher Hinsicht derzeit keine hinreichend gesicherten humanwissenschaftlichen Erkenntnisse, wonach die erzwungene Anordnung eines Wechselmodells dem Kindeswohl förderlich ist.

3. Das Gelingen eines Wechselmodells setzt ein – im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zu überprüfendes – hohes Maß an gegenseitiger Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Kindeseltern voraus.

Einigkeit besteht also bei allen Unterschieden jedenfalls insoweit, als das Kindswohl und die Kooperationsbereitschaft der Eltern wesentliche Elemente bei Wechselmodellen sein müssen.

[7] Exemplarisch Thüringer OLG v. 12.9.2016, FamRZ 2016, 2126–2129.

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