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Der Wert eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich richtet sich nach § 50 FamGKG, unabhängig davon, ob es sich um ein isoliertes Verfahren handelt oder um eine Folgesache im Verbund (§ 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG). Die Vorschrift des § 50 FamGKG ist mit dem FG-ReformG zum 1.9.2009 in Kraft getreten und beschäftigt nach wie vor die Rechtsprechung. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick geben.

I. Die gesetzliche Regelung

Nach § 50 Abs. 1 S. 1, 1. Var. FamGKG ist für Versorgungsausgleichssachen – mit Ausnahme der Ausgleichsansprüche nach der Scheidung – ein Regelwert von 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Eheleute anzusetzen. Insoweit ist es unerheblich, ob das Verfahren isoliert oder als Folgesache geführt wird oder als späteres Abänderungsverfahren.

Für Ansprüche nach der Scheidung ist ein Regelwert von 20 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Eheleute anzusetzen (§ 50 Abs. 1 S. 1, 2. Var. FamGKG). Mit Ansprüchen "nach der Scheidung" sind nicht etwa Verfahren gemeint, die chronologisch der Scheidung nachfolgen, es handelt sich vielmehr um einen technischen Begriff. Erfasst werden hier die Ansprüche nach den §§ 20 ff. VersAusglG, die in der Überschrift zu Teil 1, Kapitel 2, Abschnitt 3 VersAusglG mit "Ausgleichsansprüche nach der Scheidung" bezeichnet werden.

In beiden Fällen ist ein Mindestwert von 1.000,00 EUR vorgesehen (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG).

Ansprüche auf Auskunft werden mit 500,00 EUR bewertet (§ 50 Abs. 2 FamGKG).

Erscheinen die vorgenannten Regelwerte nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, können sie herauf- oder herabgesetzt werden.

II. Anzahl der Anrechte

1. Überblick

Bewertet wird jedes Anrecht, das verfahrensgegenständlich war. Aus den Gesetzesmaterialien[1] ergibt sich, dass die Formulierung im ursprünglichen Referentenentwurf "für jedes auszugleichende Anrecht" in "für jedes Anrecht" geändert worden ist. Daraus folgt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich jedes verfahrensgegenständliche Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen ist, und zwar auch dann, wenn es im Ergebnis nicht zu einem Ausgleich im Wege einer internen oder externen Teilung gekommen ist.

[1] BT-Drucks 16/11903, S. 61.

2. Keine Begrenzung

Eine Begrenzung oder ein Höchstwert ist nicht vorgesehen.[2] Allerdings war im ersten Referentenentwurf noch eine Kappungsgrenze von 5.000,00 EUR beabsichtigt. Dieser Betrag war als Höchstwert gedacht, falls die Kumulation mehrerer Anrechte einen höheren Betrag ergeben sollte. Dieser Höchstwert ist dann im Rahmen der Überarbeitung des Gesetzesentwurfes wieder verworfen worden, so dass die letztlich in Kraft getretene Fassung des § 50 FamGKG vom 3.4.2009 selbst keine Begrenzung (mehr) vorsieht. Dessen ungeachtet hat sich diese ursprünglich beabsichtigte Begrenzung in manchen Köpfen festgesetzt. Die vor Verabschiedung des Gesetzes noch vorgenommene Änderung gegenüber dem Referentenentwurf wurde anfangs mitunter nicht beachtet. Einige Justizverwaltungen hatten sogar ihre Programme bereits auf die in der Fassung des Referentenentwurfs vorgesehene Kappungsgrenze eingerichtet und den niemals in Kraft getretenen Höchstwert gespeichert, so dass es zu Fehlentscheidungen gekommen ist[3] und die Beschwerdegerichte[4] korrigierend eingreifen und klarstellen mussten, dass es keine Kappungsgrenze gibt und eine solche Kappung auch aus anderen Gründen nicht vorzunehmen ist.

Bei einer entsprechend hohen Anzahl von Anrechten kann der Wert des Versorgungsausgleichs daher auch den Wert der Ehesache übersteigen.[5] Eine Billigkeitskorrektur ist insoweit nicht angebracht.[6]

Beispiel (Vielzahl von Anrechten):

Das dreifache Nettoeinkommen beider Ehegatten beläuft sich auf 6.000,00 EUR. Kinder und Vermögen sind nicht vorhanden, so dass der Wert der Ehesache auf 18.000,00 EUR festgesetzt wird. Die Ehefrau hat fünf Anrechte, der Ehemann sechs.

Der Verfahrenswert der Folgesache Versorgungsausgleich beträgt 18.000,00 EUR × 110 % = 19.800,00 EUR und liegt damit über dem der Wert der Ehesache.

[2] OLG Stuttgart AGS 2010, 265 m. Anm. Thiel = NJW 2010, 2221 = Justiz 2011, 45 = RVGreport 2010, 276 = ZFE 2010, 313 = FF 2010, 377.
[3] Siehe AG Balingen, Beschl. v. 31.3.2010/26.4.2010 – 1 F 408/09.
[5] AG Siegburg AGS 2017, 476 = NZFam 2017, 861 = JurBüro 2017, 588 = FamRZ 2018, 525 = NJW-Spezial 2017, 605 (26 Anrechte).
[6] AG Siegburg AGS 2017, 476 = NZFam 2017, 861 = JurBüro 2017, 588 = FamRZ 2018, 525 = NJW-Spezial 2017, 605.

3. Ost- und Westanwartschaften

Haben die Eheleute sowohl Ost- als auch Westanwartschaften beim selben Rententräger erworben, sind diese Anrechte gleichwohl gesondert zu bewerten, zumal sie gesondert zu berechnen sind und gesondert darüber zu entscheiden ist.[7]

Beispiel (Ost- und Westanrechte):

Beide Eheleute haben jeweils gesetzliche Anrechte beim Rententräger Ost und West; der Ehemann hat darüber hinaus auch noch eine betriebliche Altersversorgung. Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 3.000,00 EUR.

Jetzt sind fünf Anrechte Verfahrensgegenstand, nämlich zwei Ost-Anrechte, zwei West-Anrech...

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