Der klagende Schwiegervater verlangte vom Schwiegersohn einen finanziellen Ausgleich für Arbeitsleistungen. Der Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts veranlasste ihn zur Rücknahme seiner Berufung.

Im "Kernbereich" dieses Beschlusses, der allerdings noch weitere wertvolle Hinweise gibt, stehen zwei Feststellungen, einmal zum Verfahrens- bzw. Rechtsmittelrecht, sodann zum materiellen Recht der Leistungstransfers von Schwiegereltern an das Schwiegerkind:

1. Hat das Rechtsmittelgericht bei einer ersten Befassung mit einem Streitfall eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten und diese Rechtsauffassung danach geändert, entfällt für den Fall eines zweiten Berufungsrechtszugs nach Zurückverweisung die Bindungswirkung des § 563 Abs. 2 ZPO.

2. Erbringen Schwiegereltern Arbeitsleistungen zugunsten des Schwiegerkindes, kann sich ein finanzieller Ausgleichsanspruch – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – ebenso aus § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) ergeben, wie dies bei der Schwiegerelternschenkung der Fall ist. Der Anspruch ist nicht familienrechtlicher Natur und unterliegt in beiden Fällen der Regelverjährung.

Der Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts kann nur vor dem Hintergrund der den Streitfall zeitlich "begleitenden" Änderungen im Verjährungsrecht und in der BGH-Rechtsprechung zu schwiegerelterlichen Transferleistungen erfasst werden.

Verjährungsrecht

Ursprünglich betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 195 BGB a.F.). Diese galt auch für ehebezogene Zuwendungen.[1]

Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung wurde die regelmäßige Verjährungsfrist mit drei Jahren neu festgelegt (§ 195 BGB). Für familienrechtliche Ansprüche blieb es jedoch bei 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB damaliger Fassung). Dies umfasste – nicht überzeugend – nur einen Teil des sog. Nebengüterrechts, nämlich den – hier angesprochenen – finanziellen Ausgleichsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, nicht jedoch den "Parallelanspruch" der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft.[2] Dieses neue, aber letztlich vorläufige Recht fand auf alle am 1.1.2002 bestehenden, aber noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung.

Mit dem Inkrafttreten des Erbrechtsverjährungsänderungsgesetzes am 1.1.2010 entfiel die Sondervorschrift des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Familienrechtliche Ansprüche wurden in das System der Regelverjährung (drei Jahre) integriert.[3]

Es kam also auf zwei Fragen an: Lag ein familienrechtlicher Anspruch vor und welche Verjährungsfrist galt für ihn?

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu schwiegerelterlichen Transferleistungen

Wenn allgemein davon gesprochen wird, der Bundesgerichtshof habe seine Rechtsprechung zu Schwiegerelternzuwendungen (nunmehr: Schenkungen) geändert, ist dies zumindest insofern unvollständig, als Schwiegereltern nicht nur Sach-, Rechts- und vergleichbare Leistungen, sondern auch Arbeitsleistungen erbringen können. Zur dogmatischen Herleitung auch dieses Anspruchs hatte sich der Bundesgerichtshof ebenfalls geäußert. Seine Qualität – familienrechtlich oder nicht? – konnte für die Frage der Verjährung entscheidende Konsequenzen haben. Darum ging es hier. Konsequenzen, die den klagenden Schwiegervater nicht überzeugen werden.

Der Bundesgerichtshof hatte zunächst für Ehegatten das System des sog. Nebengüterrechts entwickelt, welches das gesetzliche Güterrecht insbesondere für Fälle des sog. gestörten Zugewinnausgleichs ergänzt (es ist Endvermögen vorhanden, das aber durch inzwischen verlorenes Anfangsvermögen oder durch Schulden im Endvermögen kompensiert wird und daher ausgleichslos bleibt). Ist ein anerkannter Gesellschaftszweck feststellbar sowie ein kongruenter Geschäftswille, kommt eine konkludente Ehegatteninnengesellschaft in Betracht. Fehlt eins von beiden, kann ein familienrechtlicher Vertrag sui generis vorliegen, der in zwei Ausprägungen vorkommt: dem Vertrag über Zuwendungen (ehebezogene Zuwendung) und dem Vertrag über die Erbringung von Arbeitsleistungen (Kooperationsvertrag). Dass es diese Differenzierung überhaupt gibt, ist feste Rechtspraxis, hat aber keinen zwingenden Grund: Daraus, dass nach § 516 BGB nur Sachen geschenkt werden können, wurde geschlossen, dass auch nur Sachen (ehebezogen) zugewendet werden können, nicht aber Arbeitsleistungen.[4] Daher wurde als (im Übrigen vollkommen gleichwertige) Ergänzung der familienrechtliche Kooperationsvertrag ins Leben gerufen, der nichts anderes ist als ein sui-generis-Vertrag über Arbeitsleistungen (anstatt Zuwendungen).[5] Bislang hat diese Differenzierung keine Probleme bereitet. Sie spielte schlichtweg keine Rolle. Anders nunmehr bei den Schwiegereltern.

Erstaunlicherweise – ist doch der standardisierte Lebenssachverhalt nicht neu – gibt es zu Transferleistungen der Schwiegereltern an das Schwiegerkind kaum Rechtsprechung und schon gar keine ältere.

Sachverhalt

Der Schwiegervater hatte behauptet, am Haus des Schwiegersohnes 1999 (vor dessen Trennung von seiner Ehefrau bzw. Tochter des Klägers) Arbeitsleistungen erbracht zu haben.

Ursprünglich...

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