Nicht akzeptabel ist es, den Anspruch der Ehefrau auf Nutzungsvergütung in der Zeit des Getrenntlebens der Ehegatten aus § 745 Abs. 2 BGB herzuleiten. § 1361b BGB nämlich regelt den Ausgleich für die Überlassung der Ehewohnung während dieser Zeit unter speziellen familienrechtlichen Billigkeitskriterien und geht mithin, wenn es sich bei dem Miteigentum um die Ehe- und Familienwohnung handelt, als lex specialis der gemeinschaftsrechtlichen Regelung des § 745 Abs. 2 BGB vor.[7] Abgesehen von den speziellen materiell-rechtlichen Kriterien, die die Verdrängung des § 745 Abs. 2 BGB begründen, ist auch das bei Heranziehung des § 1361b BGB einzuschlagende Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG) zur Lösung des Konflikts um die Ehewohnung besser geeignet als das für die Ansprüche aus § 745 BGB zu befolgende Familienstreitverfahren (§§ 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG). Tatbestandlich allerdings wäre der die Verwaltungs- und Nutzungsrechte für alle Bruchteilsgemeinschaften regelnde § 745 Abs. 2 BGB hier ebenfalls einschlägig. Denn gemäß § 745 Abs. 2 BGB könnte die Ehefrau im Hinblick auf die durch das Getrenntleben eingetretene Änderung der tatsächlichen Verhältnisse die Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des Bruchteilseigentums verlangen – und in diesem Zusammenhang auch ein Nutzungsentgelt einfordern. Doch setzt auch dieser Anspruch aus § 745 Abs. 2 BGB tatbestandlich ein deutliches Zahlungsverlangen voraus[8] – und ein solches Verlangen hatte die Ehefrau ja nicht geäußert. Auch ihr Anspruch als Teilhaberin der Bruchteilsgemeinschaft wäre hier also wegen Fehlens des anspruchsbegründenden Zahlungsbegehrens zu verneinen.

Nicht verdrängt durch die spezielle familienrechtliche Regelung des § 1361b BGB wird § 745 Abs. 2 BGB allerdings, wenn die im Miteigentum stehende Immobilie als Vermögensanlage erworben wurde und nicht Ehe- und Familienwohnung gewesen ist. Dann aber besteht für die Ehegatten während des Getrenntlebens meist kein Bedarf, die Nutzung ihres Bruchteilseigentums neu zu regeln. Bezüglich dessen – wirtschaftlich weiterhin möglichst optimaler – Verwendung haben sie in der Regel keine divergenten Interessen.

Immer relevant aber wird der gemeinschaftsrechtliche Vergütungsanspruch aus § 745 Abs. 2 BGB im Fall der Scheidung. Der die Verhältnisse an der Ehewohnung nun regelnde § 1568a BGB enthält nämlich keine Vergütungsbestimmung. Befindet sich die Ehewohnung also im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten, steht bei alleiniger Nutzung des Bruchteilseigentums durch einen von ihnen der Heranziehung des § 745 Abs. 2 BGB keine spezielle familienrechtliche Regelung entgegen. Wichtig ist es zu beachten, dass (auch) § 745 Abs. 2 BGB nur ein verhaltener Anspruch ist und ausdrücklich geltend gemacht werden muss. Da § 1361b BGB nach der Scheidung als Anspruchsgrundlage entfällt, muss das Nutzungsentgelt nun also erneut und gestützt auf die jetzt einschlägige Norm verlangt werden.

[7] BGH FamRZ 2014, 460; BGH FamRZ 2017, 693 m. Anm. Wever; OLG Stuttgart FamRZ 2016, 1160 m. Anm. Münch; OLG Celle FamRZ 2015, 1193; OLG Zweibrücken FamRZ 2013, 1980; MüKo-BGB/Weber-Monecke, 7. Aufl. 2017, § 1361b Rn 17; Palandt/Brudermüller, 77. Aufl. 2017, § 1361b Rn 20; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl. 2014, Rn 35, 90, 94. Anders OLG Koblenz FamRZ 2015, 142.
[8] Sehr weitgehend zur eindeutigen Aufforderung OLG Hamm FamRZ 2014, 1298: "Auszug oder Zahlung".

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