1. a) Zu den Voraussetzungen einer Trennung des Kindes von den Eltern wegen erzieherischer Defizite der Eltern. b) Das Umgangsbestimmungsrecht ist selbstständiger Teil der Personensorge, der im Fall der Kindeswohlgefährdung gesondert entzogen werden kann. Bei einem Konflikt unter den Eltern sind eine gerichtliche Umgangsregelung und die Bestimmung eines Umgangspflegers als mildere Mittel stets vorrangig. c) Das Verbot der reformatio in peius gilt in Beschwerdeverfahren über eine (teilweise) Sorgerechtsentziehung nur eingeschränkt und schließt nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten eine im Sinne des Kindeswohls gebotene Entziehung weiterer elterlicher Sorgebefugnisse auch dann nicht aus, wenn nur die Eltern Beschwerde eingelegt haben. (BGH, Beschl. v. 6.7.2016 – XII ZB 47/15)
  2. a) Eine Einschränkung des Umgangsrechts gemäß § 1684 Abs. 3 und 4 BGB ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. b) Werden die Umstände des Einzelfalles vom erstinstanzlichen Gericht nur unzureichend aufgeklärt, liegt ein Verfahrensmangel i.S.d. § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG vor, der zu einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache führen kann. c) Angesichts der in Verfahren nach § 1684 Abs. 4 BGB strengen verfassungs- und einfachrechtlichen Maßstäbe hätte das Amtsgericht hier erneut ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten einholen müssen, bevor es einen Umgangsausschluss anordnet. (OLG Bremen, Beschl. v. 5.8.2016 – 4 UF 49/16)
  3. a) Bei Entscheidungen nach § 1628 BGB über die religiöse Kindererziehung (z.B. Taufe, Kommunion usw.) sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen, wobei das Kindeswohl an vorderster Stelle steht. Es handelt sich hierbei um einen höchstpersönlichen Lebensbereich des Kindes, in dem der tatsächliche Wille auch jüngerer Kinder schon deshalb in besonderer Weise berücksichtigt werden muss. b) Dass das Kind nach § 5 RelKErzG mit Vollendung des 14. Lebensjahres selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden kann, ändert nichts an der Notwendigkeit einer umfassenden und auf den Einzelfall bezogenen Kindeswohlprüfung und führt nicht dazu, dass Anträge nach § 1628 BGB, die die religiöse Erziehung jüngerer Kinder betreffen, bereits aus diesem Grund in der Regel abzulehnen wären. (OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.3.2016 – 17 UF 292/15, FamRZ 2016, 1378 m. Anm. Hammer, S. 1377)
  4. a) Die Bestimmung der Religionszugehörigkeit des Kindes durch den Vormund kommt nicht mehr in Betracht, wenn die zunächst allein sorgeberechtigte Kindesmutter die Bestimmung der Religionszugehörigkeit vor dem vollständigen Entzug der elterlichen Sorge bereits vorgenommen hatte. b) Eine schon erfolgte Bestimmung der Religionszugehörigkeit kann nicht nur durch die Taufe und/oder durch die schriftlich dokumentierte Aufnahme in eine Religionsgemeinschaft geschehen, sondern auch durch schlüssige Handlungen, die den Willen des früheren Erziehungsberechtigten ernstlich und endgültig deutlich erkennbar werden lassen. c) Ausreichend für eine Bestimmung der Religionszugehörigkeit sind schriftliche und persönliche Äußerungen der Kindesmutter gegenüber dem zuständigen Familienrichter bzw. dem Sachverständigen im Sorgerechtsverfahren, aus denen der Wille der Kindesmutter, dass das Kind in Zukunft im islamischen Glauben erzogen wird, deutlich erkennbar ist. Unerheblich ist, dass die Kindesmutter wegen der Inobhutnahme ihres Kindes unmittelbar nach der Geburt zu keiner Zeit in der Lage war, mit ihrem Kind die Religionszugehörigkeit tatsächlich zu praktizieren und zu leben. (OLG Hamm, Beschl. v. 29.3.2016 – 2 UF 223/15, FamRZ 2016, 1380)

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