Auch der Ausschluss der Eltern vom Umgang mit ihrem in einer Pflegestelle untergebrachten Kind wie auch die Beschränkung des elterlichen Umgangsrechts unterliegen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen.[5] Zwar kommen die strengen Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 GG bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung eines gerichtlichen Umgangsausschlusses nicht direkt zum Tragen, da hiermit nicht unmittelbar über die Herbeiführung oder die Aufrechterhaltung der Trennung des Kindes von seiner Familie entschieden wird. Jedoch beeinflusst ein Umgangsausschluss die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Eltern und ihrem in einer Pflegestelle lebenden Kind insofern, als er tendenziell zu einer weiteren Verfestigung der bereits bestehenden Trennung oder zumindest zu einer Erschwerung einer Rückkehr des Kindes zu den Eltern beiträgt. Weil demnach die Entscheidung über den Umgang der Eltern mit ihrem in einer Pflegestelle untergebrachten Kind mit der Aufrechterhaltung der Trennung des Kindes von seinen beiden Eltern aufs Engste zusammenhängt, ist die Wertung des Art. 6 Abs. 3 GG in dieser Konstellation auch für die Entscheidung über den Umgangsausschluss maßgeblich.[6]

Die Rechtfertigung einer Einschränkung oder eines Ausschlusses des elterlichen Umgangsrechts setzt im Falle eines in einer Pflegestelle untergebrachten Kindes auf der einen Seite voraus, dass der Schutz des Kindes dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfordert, um eine konkrete Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren, wobei gegebenenfalls auch der dem Umgang entgegenstehende Wille des Kindes und die Folgen eines gegen diesen Willen angeordneten Umgangs nicht außer Betracht bleiben dürfen; so kommen eine Einschränkung oder der Ausschluss der Umgangsbefugnis insbesondere in Betracht, wenn das Kind dies aus ernsthaften Gründen wünscht und ein erzwungenes Umgangsrecht das Kindeswohl beeinträchtigen würde. Auf der anderen Seite muss das Gericht dem besonderen verfassungs- und menschenrechtlichen Stellenwert des elterlichen Umgangsrechts mit ihrem in Pflege genommenen Kind Rechnung tragen.[7] Steht das Umgangsrecht der Eltern mit ihrem in einer Pflegestelle lebenden Kind in Rede, tritt der Staat nicht lediglich zum Ausgleich zwischen den Eltern auf (s.u., 2.b)); vielmehr greift er in das Verhältnis zwischen den Eltern und ihrem Kind ein, das infolge dieses Umgangsausschlusses langfristig von seinen Eltern getrennt zu werden droht. Für Maßnahmen, die die Rückkehr eines in einer Pflegestelle untergebrachten Kindes zu seinen Eltern erschweren, gelten strenge Maßstäbe.[8]

[5] BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 29.11.2012 – 1 BvR 335/12, Rn 20.
[6] BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 29.11.2012 – 1 BvR 335/12, Rn 22.
[7] BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 29.11.2012 – 1 BvR 335/12, Rn 25 m.w.N.
[8] BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 29.11.2012 – 1 BvR 335/12, Rn 23 m.w.N.

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