Der Wunsch des leiblichen Vaters nach Umgang und nach Auskunft über das Kind ist grundsätzlich verfassungsrechtlich anzuerkennen. Sofern der leibliche Vater auch rechtlich die Vaterstellung innehat, folgt dies bereits aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und ist in § 1684 Abs. 1 Satz 2 BGB gesetzlich geregelt. In Reaktion auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte[26] hat der Gesetzgeber dem leiblichen Vater in § 1686a BGB unter bestimmten Voraussetzungen auch dann ein Recht auf Umgang mit dem Kind und auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eingeräumt, wenn die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Das gilt auch dann, wenn zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung existiert. Das Recht des leiblichen Vaters ist nach § 1686a BGB auch nicht davon abhängig, dass er bereits eine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind begründet hat. Eine Erweiterung des Umgangs- und Auskunftsrechts des leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters in diesen Konstellationen war aufgrund der genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erforderlich. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einer Kammerentscheidung festgestellt, der Wunsch des leiblichen Vaters nach Umgang mit seinem Kind sei grundsätzlich verfassungsrechtlich anzuerkennen.[27] In welchem Grundrecht diese Position des Vaters genau wurzelt, ist in der Kammerentscheidung zunächst offen geblieben. Das Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG kommt insoweit jedenfalls nicht in Betracht, wenn man nicht die in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[28] verfolgte Linie aufgeben wollte, dass aus Kindeswohlgründen die volle elterliche Verantwortung im Sinne des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten Elternrechts zwei und nicht mehr Personen vorbehalten sei – wozu die Entscheidungen des EGMR zum Umgangsrecht leiblicher Väter keinen Anlass geben.

[26] Vgl. EGMR, Urt. v. 22.3.2012 – 23338/09; Urt. v. 22.3.2012 – 45071/09.
[27] BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 19.11.2014 – 1 BvR 2843/14, Rn 10.
[28] Besonders eingehend BVerfGE 108, 82 <102 f.>.

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