1. Seit Inkrafttreten der Güterrechtsnovelle (1.9.2009) hat es nahezu fünf Jahre gedauert, bis der BGH diese in Rechtsprechung und Literatur äußerst kontrovers diskutierte Frage endgültig entschieden hat. Ursache für den Streit war die gesetzgeberische Schludrigkeit, mit der die Übergangsfälle "geregelt" worden waren. Lediglich bei der Anwendbarkeit des negativen Anfangsvermögens (§ 1374 Abs. 3 BGB) und bei der Frage, in welchen Fällen die alte Fassung des § 1370 BGB (Ersatzbeschaffung) gelten soll, ist in Art. 229 § 20 EGBGB eine Normierung erfolgt. Die durchaus naheliegende Sachverhaltsvariante: Beendigung des Güterstandes nach altem Recht, Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen im abgetrennten Verfahren nach neuem Recht war schlicht übersehen worden. Dabei bestanden gerade in diesem Bereich wesentliche Unterschiede zwischen der alten und neuen Rechtslage. Bereits nach der alten Rechtslage war zwar für die Berechnung des Zugewinns § 1384 BGB maßgebend. Die Höhe des dann tatsächlich zu zahlenden Zugewinnausgleichs konnte jedoch immer noch über § 1378 Abs. 2 BGB a.F. korrigiert werden. Selbst wenn zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages Vermögen festgestellt wurde und damit Zugewinn eigentlich zu zahlen war, wurde dieses Ergebnis wieder relativiert, sofern bei Beendigung des Güterstandes nichts mehr vorhanden war. In diesem Fall erledigte sich der rechnerisch festgestellte Zugewinnausgleichsbetrag. Ganz anders sieht die Rechtslage nach neuem Recht aus. Nunmehr ist § 1384 BGB n.F. nicht nur für die Berechnung, sondern auch für die Höhe des Zugewinnausgleichs maßgebend. Der spätere Verlust des Vermögens ist grundsätzlich irrelevant. Die Vorschrift des § 1378 Abs. 2 BGB in der Neufassung schafft lediglich eine Kappungsgrenze in den Fällen, bei denen das Ergebnis unter 0 EUR geraten würde.[1]

In dem hier zu entscheidenden Fall des BGH war der Vermögensverlust unverschuldet eingetreten (Stichwort: "Finanzkrise"). Zwei "Lager" standen sich bei Lösung des Falles gegenüber. Die eine Ansicht[2] war der Auffassung, der Gesetzgeber könne sogar abgeschlossene Sachverhalte neu regeln. Dies sei ja auch mit dem VA-Strukturreformgesetz geschehen. Die Gegenmeinung[3] wies auf die verfassungsrechtliche Problematik hin. In einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt dürfe der Gesetzgeber nicht eingreifen. Solange das neue Gesetz nicht in Kraft getreten sei, dürfe der Bürger ein nach der bisherigen Gesetzeslage eindeutiges Ergebnis als verbindlich betrachten. Alles andere stelle eine unzulässige Rückwirkung dar. So hat das BVerfG[4] die Rechtslage z.B. im Rahmen des Spekulationssteuergesetzes gesehen. Dieser Ansicht ist uneingeschränkt beizutreten. Wenn nach altem Recht mit Beendigung des Güterstandes kein Vermögen vorhanden war, fragt man sich, wie denn – quasi wie Phönix aus der Asche – nunmehr nach neuem Recht ein Anspruch entstehen sollte. Einen solchen hatte es bislang doch nie gegeben. Der Bürger, der auf dieses Ergebnis vertraut und z.B. Vermögenspositionen getroffen hatte, durfte von dieser Rechtslage ausgehen. Die Begründung des Ergebnisses durch den BGH ist überzeugend.

2. Allerdings stellt diese Entscheidung noch keine abschließende Antwort auf alle Übergangsfälle dar.

Nach altem Recht war strittig, ob die Vorschrift des § 1378 Abs. 2 BGB a.F. selbst dann gelten sollte, wenn der Vermögensverfall durch eine illoyale Verhaltensweise i.S.v. § 1375 BGB herbeigeführt worden war. Die vermeintlich herrschende Meinung[5] bejahte dies. Sie berief sich auf ein Urteil des BGH, welches angeblich die Rechtslage in diesem Sinne geklärt habe.[6] Das Urteil besagte jedoch das Gegenteil. In dem betreffenden Verfahren war gerade keine Arglist angenommen worden. Der BGH ließ die Streitfrage damals ausdrücklich offen. Sie wurde nie höchstrichterlich geklärt. Gegen diese herrschende Meinung sprach immer schon, dass es ohnehin zumindest ein "Geschmäckle" darstellen würde, wenn der Ausgleichspflichtige in illoyaler Weise die Rechtslage manipulieren könnte. Mit der neuen Kappungsgrenze des § 1378 Abs. 2 BGB n.F. hat der Gesetzgeber auch ausdrücklich diese Fälle ausgeklammert. Sofern der Ausgleichsschuldner zuvor in arglistiger Weise vorgegangen ist, wird dieses illoyal verkürzte Vermögen bei der Kappungsgrenze dem Endvermögen hinzugerechnet (vgl. § 1378 Abs. 2 S. 2 BGB n.F.).

In dem vorliegend zu entscheidenden Fall war die allgemeine Finanzkrise der Grund für den Vermögensverfall. In Verfahren, bei denen der Zugewinnausgleichspflichtige arglistig gehandelt hat, müsste der Berechtigte auf diese Besonderheit hinweisen. Dieser Problemkreis müsste dann noch vom BGH geklärt werden.

In den Fällen, in denen das Scheidungsverfahren zwar nach altem Recht eingereicht, der Güterstand aber erst nach neuem Recht beendet war – d.h. nach dem 1.9.2009 –, gilt – unstreitig – die neue Gesetzeslage. Alle Vorschriften des neuen Rechts – ggf. nur mit Ausnahme des § 1374 Abs. 3 BGB (negatives Anfangsvermögen) – finden Anwendung.

3. Das ...

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