1. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setzt neben den fehlenden subjektiven Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners voraus, dass er die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte objektiv erzielen kann. Um den Mindestkindesunterhalt der 1. Altersstufe (derzeit 225 EUR) zahlen zu können, muss ein Unterhaltspflichtiger einen Bruttoverdienst von rund 1.795 EUR im Monat haben, was bei einer Regelarbeitszeit von 40 Stunden die Woche einem Bruttostundenlohn von 10,38 EUR entspricht. Das Gericht muss feststellen, dass ein solcher Lohn auf dem Arbeitsmarkt erzielbar ist (BVerfG, Beschl. v. 18.6.2012 – 1 BvR 774/10, 1530/11 und 2867/11 –, FamRB 2012, 266 [Götsche]).
  2. Wird der Unterhaltspflichtige von seinem erwachsenen Kind, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbstständigkeit wieder verloren hat, auf Unterhalt in Anspruch genommen, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter ihm und seiner Ehefrau im Regelfall einen Familienselbstbehalt zubilligt, wie ihn die Düsseldorfer Tabelle und die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien für den Elternunterhalt vorsehen. Der Familienselbstbehalt trägt bereits dem Umstand Rechnung, dass die Ehegatten durch ihr Zusammenleben Haushaltsersparnisse erzielen (BGH, Urt. v. 18.7.2012 – XII ZR 91/10).
  3. Die Semesterbeiträge, die im Wesentlichen das Semesterticket, den Asta-Beitrag und den Sozialbeitrag umfassen, sind – anders als Studiengebühren – dem laufenden Lebensbedarf eines Studenten zuzurechnen und stellen keinen Mehrbedarf dar. Es besteht kein Anlass, Unterhaltsberechtigte gegenüber BAföG-Empfängern besser zu stellen, die diese Beiträge aus ihren BAföG-Leistungen erbringen müssen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.5.2012 – II-3 UF 97/12, BeckRS 2012, 15062 = FamFR 2012, 367 m. Anm. Schwolow).

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