I. Mandantenorientierung = Kundenorientierung

Wer die Abhängigkeit seines Unternehmens von Kunden in den Mittelpunkt seiner Entscheidungen stellt, handelt kundenorientiert. Die Erfüllung der Kundenerwartungen ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Auch für Anwälte hängt die Beauftragung wesentlich von den Erwartungen der Mandanten ab. Im Alltag bedeutet dies, Mandanten zu helfen und nicht, Gründe zu suchen, Wünsche nicht zu erfüllen.

II. Warum wird Kundenorientierung verfolgt?

Die Studie „Mandanten und ihre Anwälte“[1] hat ermittelt, dass von 2001 bis 2006 insgesamt 41 % der Bevölkerung ein Rechtsproblem hatten, von denen 80 % einen Anwalt beauftragt haben. Im Jahre 2002 waren insgesamt 116.305 Anwälte zugelassen. Diese Zahl stieg bis zum Jahr 2006 auf 138.104 Anwälte.[2] Im Mittel sind das 127.038 zugelassene Anwälte. Ein aussagekräftiger Vergleich entsteht, wenn diese Werte einem Zeitraum mit anerkannt guter Ertragslage für Anwälte (1980) gegenübergestellt werden. Auf der Basis der Bevölkerungszahlen[3] ergibt sich für 1980 ein Wert von durchschnittlich 310 Aufträgen pro Jahr pro Anwalt, der in den Jahren 2002 bis 2008 auf durchschnittlich nur noch 118 Aufträge pro Jahr pro Anwalt fällt.

Die gesamte Anwaltschaft (Allgemeinanwalt) befand sich in einer guten Lage, weil genügend Mandate erteilt wurden. Eine Verschlechterung der Situation durch die steigende Zahl der Anwälte unterblieb durch die Entwicklung von aktuell 20 verschiedenen Fachanwaltschaften, die die damals gute Gesamtlage auf die Situation vor Ort übertrugen, womit die Fachanwaltschaften das Problem nur hinausgeschoben haben.

Es gilt heute mehr denn je, neben Kollegen mit gleicher Spezialisierung genügend Mandate zu erhalten. Hierfür müssen Empfehlungen erarbeitet werden, deren Grundlage die Zufriedenheit der Mandanten ist, die wiederum aus guter anwaltlicher Arbeit und Mandantenorientierung entsteht. Anwälte erkennen, dass in einem gesättigten Markt die positive Unterscheidung von anderen die entscheidende Erfolgsposition ist.[4]

[1] Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, 2007.
[3] Auskunft des Informationsdienstes des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden.
[4] Hommerich/Kilian, AnwBl 7/2008 (S. 532).

III. Die größte Fehleinschätzung

„Der Kunde ist König“, ist häufig das Paradigma anwaltlicher Denkweise, ist aber unzureichend und führt nur in das Zielgebiet und nicht auf die Zielgerade. „Der König ist tot, es lebe der Mandant!“, denn dieser ist ein Partner, der nützliche Lösungen sucht und zudem aufgeklärt, kritisch, selbstsicher und ungeduldig ist.

Es geht nicht mehr nur darum, mit der Beratung oder Vertretung für Mandanten ein Rechtsproblem zu lösen, sondern darum, Zufriedenheit zu erzeugen, und darüber hinaus, Auftraggeber zu begeisterten Mandanten zu machen. Erst dann werden diese zu „Stammmandanten“. Das ist viel leichter als gedacht. Jeder Mandant erwartet für sich immer nur die Erfüllung weniger Forderungen. Die Kunst liegt darin, diese zu erkennen. Wenn diese identifiziert wurden, ist die Erfüllung einfach und damit die Chance groß, den Mandanten zu begeistern. Die mandantenorientierte Ausrichtung einer Kanzlei bedeutet die Absicherung und zusätzlich die Steigerung des Mandatsvolumens trotz der veränderten erschwerten Rahmenbedingungen.

IV. Die Erwartungen der Mandanten

Die Kundenzufriedenheit ist die vom Mandanten wahrgenommene Erfüllung seiner Erwartungen (Basisanforderungen) und seiner ausdrücklichen Wünsche (Leistungsanforderungen). Eine Erweiterung erfolgte durch das Kano-Modell,[1] das zusätzlich Begeisterungsanforderungen (werden nicht erwartet, aber, wenn vorhanden, geschätzt), unerhebliche Faktoren (werden weder erwartet noch geschätzt, aber nicht zurückgewiesen) und Rückweisungsfaktoren (werden als nicht vorhanden erwartet) differenziert.

[1] Prof. Dr. Noriaki Kano, Universität Tokio, 1978 hat aus der Analyse von Kundenwünschen die Unterschiedlichkeit abgeleitet. Mit dem Kano-Modell können Kundenerwartungen erfasst und bei der Produktentwicklung berücksichtigt werden. In Beratungsbeziehungen können die Erwartungen sofort bei der Leistungserbringung berücksichtigt werden.

V. Vorteile der Kundenorientierung

So wie es angenehm ist, in einer guten Buchhandlung mit freundlichem, kompetenten Personal ein Buch zu kaufen, ist auch die anwaltliche Vertretung angenehmer und steigert den Erfolg bei positivem Feedback.

Durch eine erfolgreiche Kundenorientierung entsteht Kundenzufriedenheit.

 
wahrgenommene Leistung   erwartete Leistung   Zufriedenheitsniveau
besser →   als erwartet = sehr zufrieden/begeistert
schlechter →   als erwartet = enttäuscht/unzufrieden

Eine hohe Kundenzufriedenheit ermöglicht dem Anbieter

 
Mandantenzufriedenheit Mandantenloyalität = Kanzleierfolg
       
Mandant hat positive Einstellung   /beauftragt wiederholt   /will künftig beauftragen
Steigerung der Mandantenbindung   /Erweiterung der Mandanten   /Mandant empfiehlt RA
Entwicklung des Honorars   /Mandant ist weniger preissensibel    
Optimierung der Leistungen   /kostengünstige Empfehlung für die angebotenen Leistungen    

Zufriedene Mandanten wirken als aktive Referen...

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