[1] I. Die Mutter wendet sich gegen die Ablehnung der Ergänzung eines Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschlusses um die Bewilligung für den Mehrwert eines Vergleichs.

[2] Der Vater hatte das Verfahren mit einem Antrag auf Abänderung einer gerichtlichen Sorgerechtsregelung eingeleitet und beantragt, ihm Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.

[3] Kurz vor dem Anhörungstermin meldete sich für die Mutter ihre Verfahrensbevollmächtigte und beantragte ebenfalls mit Schriftsatz vom 11.3.2019 Verfahrenskostenhilfe unter ihrer Beiordnung.

[4] In dem Anhörungstermin am 12.3.2019 schlossen die Eltern eine Vereinbarung über eine Umgangsregelung für die Mutter. Der Vater beantragte, ihm Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten auch für den Mehrvergleich zu bewilligen. Die Verfahrensbevollmächtigte der Mutter stellte zur Verfahrenskostenhilfe keinen weiteren Antrag.

[5] Mit Beschl. v. 14.3.2019, der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter zugestellt am 19.3.2019, hat das Amtsgericht u.a. dem Vater Verfahrenskostenhilfe auch für den Mehrvergleich unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Der Mutter hat es lediglich Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Hinsichtlich der Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe enthält der Beschluss keinerlei Begründung.

[6] Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.3.20019, eingegangen bei dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg am 22.3.2019, hat die Mutter beantragt, den Beschluss gemäß § 43 FamFG zu ergänzen, denn sie begehre Verfahrenskostenhilfe auch für den Mehrvergleich. Ihr Antrag vom 11.3.2019 sei unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG (NZA-RR 2014, 382) entsprechend auszulegen. Über diesen Antrag habe das Amtsgericht noch nicht entschieden.

[7] Das Amtsgericht hat den Antrag der Mutter auf Ergänzung des Beschlusses vom 14.3.2019 mit Beschl. v. 24.4.2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag der Mutter vom 11.3.2019 lediglich als Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren nach dessen Gegenstandswert, nicht zusätzlich für den Mehrvergleich vom 12.3.2019 zu verstehen sei. Dem Antrag könne nicht entnommen werden, dass er vorsorglich auch sämtliche im weiteren Verfahrensablauf zu anderen Angelegenheiten geschlossenen Vergleiche umfassen solle.

[8] Mit Schriftsatz vom 30.4.2019, eingegangen bei dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg am 2.5.2019, hat die Mutter Beschwerde gegen den Beschl. v. 24.4.2019 eingelegt. Sie trägt vor, dass vor der Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe zu erkennen gewesen sei, dass auch ein Vergleich zum Umgangsrecht geschlossen worden sei und dadurch weitere Kosten für den Mehrvergleich anfallen würden, die sie als mittellos nicht selbst tragen können würde.

[9] II. Die (sofortige) Beschwerde der Mutter ist das gemäß § 76 Abs. 2 FamFG, §§ 567 ff. ZPO statthafte Rechtsmittel, da ein Beschluss – wie hier der Ergänzungsablehnungsbeschluss –, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist.

[10] Die sofortige Beschwerde ist auch innerhalb der Monatsfrist gemäß § 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden.

[11] In der Sache hat die sofortige Beschwerde auch Erfolg, denn der Antrag auf Ergänzung der Entscheidung zur Verfahrenskostenhilfe ist gemäß § 43 FamFG zulässig und begründet.

[12] Im vorliegenden Fall richtet sich das Begehren der Mutter zu Recht auf eine Beschlussergänzung nach § 43 FamFG.

[13] § 43 FamFG setzt voraus, dass ein Antrag, der nach den Verfahrensakten von einem Beteiligten gestellt wurde, ganz oder teilweise übergangen wurde. Der Antrag darf demnach weder im Tenor noch in den Gründen behandelt worden sein. Ein Übergehen gemäß § 43 FamFG kann auch nur dann vorliegen, wenn es auf einem Versehen beruht. Übergeht das Gericht einen Antrag bewusst, weil es etwa unzutreffend von einer Antragsrücknahme ausgeht, liegt kein Übergehen vor (Abramenko, in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl., § 43 Rn 8).

[14] Im vorliegenden Fall lag entgegen der Ansicht des Amtsgerichts mit dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 11.3.2019 ein konkludent gestellter Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Mehrvergleich vor.

[15] Soweit die Mutter mit dem Antrag auf Beschlussergänzung vom 21.3.2019 ebenfalls ihrem Begehren nach Verfahrenskostenhilfe für den Mehrvergleich Ausdruck verliehen hat, kam eine Bewilligung oder Erweiterung der Verfahrenskostenhilfe nach Instanzende nicht mehr in Betracht, sodass es entscheidend auf den Antrag vom 11.3.2019 ankommt.

[16] Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe setzt gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO einen Antrag voraus; eine Bewilligung ohne Antrag scheidet im stark formalisierten Verfahrenskostenhilfeverfahren aus. Dies schließt aber weder eine konkludente Antragstellung noch eine Auslegung des Antrags aus (Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 114 Rn 13, 14...

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