Die gerichtliche Durchsetzung eines Umgangsrechts auf Initiative eines Großelternteils ist meistens deshalb erforderlich, weil ein Umgangskontakt von den bzw. dem betreuenden und sorgeberechtigen Elternteil(en) ablehnt wird. Dies wirft das Problem des Verhältnisses des elterlichen Sorgerechts zum Umgangsrecht der Großeltern auf. Denn die Wahl des Umgangs mit Dritten ist zunächst einmal Teil des elterlichen Sorgerechts, was Ausdruck des vorrangigen Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ist.[48] Innerhalb der gemeinsamen elterlichen Sorge ist die Festlegung des Großelternumgangs jedoch keine Angelegenheit der Alltagssorge nach § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB, sodass im Streitfall zwischen den Eltern ein Verfahren nach § 1628 BGB durchzuführen ist.[49] Doch auch dann, wenn dem Elternteil das Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen ist, gilt nach der Rechtsprechung ein Vorrang des Elternrechts, denn die Vermeidung eines tatsächlichen Konflikts, der sich belastend auf das Kind auswirken kann, ist unabhängig vom Sorgerecht des Elternteils geboten.[50] Diesen Konflikt löst die Rechtsprechung eindeutig dahingehend auf, dass sich grundsätzlich die ablehnende elterliche Entscheidung durchsetzt.[51] Im Falle eines Konflikts zwischen Eltern und Großeltern sieht die Rechtsprechung nämlich die Gefahr, dass dieser negative Folgen für das Kind haben könnte, das in einen Loyalitätskonflikt gedrängt zu werden droht.[52] Für eine solche Schlussfolgerung bedarf es aber der gerichtlichen Feststellung eines tatsächlich bestehenden nachhaltigen und tiefgreifenden Zerwürfnisses zwischen den Eltern und den Großeltern.[53]

Entscheidend für die Frage der Bewertung der ablehnenden Haltung des Elternteils ist dessen Begründung. Eine ablehnende Haltung, die erkennbar ohne nachvollziehbare Gründe dargetan wird, reicht nicht für einen Umgangsausschluss aus. Als nicht nachvollziehbarer Grund wurde beispielsweise der Vortrag angesehen, dass die Großeltern nicht die Schulaufgaben mit dem Kind am einzigen Umgangsnachmittag machen würden oder das Kind im Bildungsbereich während der Umgangszeit nicht im Sinne des Elternteils förderten.[54] Auch nicht überzeugend sei der Einwand gegen den Umgang, dass dadurch eine Kollision mit Freizeitaktivitäten des Kindes drohe.[55] Als nachvollziehbare Gründe wurden demgegenüber etwa angesehen, dass die Großeltern sich dem Kind ohne Zustimmung des Elternteils eigenmächtig im Sinne einer Art "Nachstellung" versucht hatten zu nähern[56], oder Anfeindungen bzw. eine nach außen kundgetane Ablehnung des Elternteils durch die Großeltern[57] oder etwa zu weitgehende Einmischungen in die elterliche Erziehung.[58] Auch die fortwährende Ablehnung des neuen Partners des Elternteils kann ein nachvollziehbarer Grund für die Ablehnung eines Großelternumgangs durch den Elternteil sein.[59]

Trägt ein Elternteil einen nachvollziehbaren Grund vor, ist es Sache der Großeltern darzulegen und zu beweisen, dass der Umgang gleichwohl dem Kindeswohl dient.[60] Dabei ist es irrelevant, wer für die Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Großeltern und Eltern verantwortlich ist.[61] In einer solchen Situation verfängt das Argument eines Großelternteils, das Kind solle die "Gesamtfamilie" kennenlernen, um eine Vorstellung von seiner Abstammung zu erlangen, regelmäßig nicht.[62] Kann das Gericht einen Konflikt zwischen Elternteil und Großelternteil objektiv feststellen, so ist nicht mehr maßgeblich, ob dieser Konflikt auch aus Sicht des Großelternteils als existent angesehen wird oder nicht.[63]

Ein Umgangsrecht der Großeltern dient auch dann nicht dem Wohl des Kindes, wenn dieses als Deckmantel für Umgangskontakte eines Elternteils genutzt wird, der aufgrund einer aktuell gerichtlich festgestellten Kindeswohlgefährdung keinen Kontakt zu dem Kind haben darf.[64]

Ein Umgangsrecht mit den Großeltern dient des Weiteren dem Kindeswohl nicht, wenn das Kind noch sehr jung ist und schon durch ein Umgangsrecht mit dem Vater erstmalig Kontakte zu diesem aufbauen soll. Das Kind sollte dann durch zusätzlich neue Kontakte mit den Großeltern nicht überfordert werden.[65] Auch kann bei häufigen Umgangskontakten der Großeltern im Rahmen des Elternumgangs eine weitere Regelung des Großelternumgangs unterbleiben, insbesondere dann, wenn dadurch der regelmäßige Besuch des Kindergartens infrage steht.[66] Denn die Inanspruchnahme der Fremdbetreuung ist eine erzieherische Entscheidung des Elternteils, welche die Großeltern auch dann zu akzeptieren haben, wenn sie sich als Alternative dazu anbieten.[67] Auch an diesem Punkt zeigt sich die Inferiorität des Großelternumgangsrechts im Vergleich zum Elternumgangsrecht, denn ein Elternumgang ginge nach der Rechtsprechung dem Wunsch des betreuenden Elternteils nach einer Fremdbetreuung richtigerweise immer vor.[68]

Kollidiert ein Umgangsrecht der Großeltern, das bei isolierter Betrachtung gegeben wäre, mit dem Umgangsrecht eines Elternteils, so geht das Umgangsrecht des Elternteils vor, sodass es dazu kommen kann, dass bei unv...

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