Die Frage, ob ein durch feststellenden gerichtlichen Beschluss zustande gekommener Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO zugleich entsprechend § 127a BGB die gesetzlich vorgeschriebene Form der notariellen Beurkundung ersetzt, war bislang in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Dies wird vor allem in familiengerichtlichen Verfahren bedeutsam, in denen sich die beteiligten Ehegatten vor Rechtskraft der Ehescheidung über Zugewinn- und Ehegattenunterhaltsansprüche oder über Fragen des Versorgungsausgleichs verständigen, oder bei der vergleichsweisen Auseinandersetzung von Immobiliarvermögen oder beim Abschluss eines Ehevertrags. Der BGH hat diese Rechtsunsicherheit nunmehr in Sinne einer Gleichstellung des Beschlussvergleichs mit einem in der mündlichen Verhandlung protokollierten Vergleich beendet.

Einführung und Problemstellung

Aus § 278 ZPO folgt die allgemeine Pflicht des Prozessgerichts zur Förderung einer gütlichen Streitregelung. Hierbei ergänzte der Gesetzgeber den Vergleichsschluss zu gerichtlichem Protokoll im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch die Möglichkeit, einen außergerichtlich oder aufgrund eines gerichtlichen Vorschlages geschlossenen Vergleich und dessen Zustandekommen nach § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich durch Beschluss feststellen zu lassen.[1] Bildeten formbedürftige Erklärungen, insbesondere notariell zu beurkundende Rechtsgeschäfte, den Gegenstand des Vergleichs, war bislang umstritten, ob ein allein durch Beschluss des Gerichts nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellter Vergleich ebenso die notarielle Beurkundung ersetzt wie ein gerichtlicher Vergleich durch Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll, vgl. § 127a BGB.

Nach einer Ansicht findet § 127a BGB auf Vergleiche, die im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossen werden, keine Anwendung, weil keine hinreichende Funktionsäquivalenz zwischen einer notariellen Beurkundung und dem Beschlussvergleich bestehe. Die mit einer notariellen Beurkundung verbundenen Verfahrensgarantien für die am Vergleichsschluss Beteiligten seien im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht gewahrt. Weder werde ein Protokoll i.S.v. § 160 ZPO errichtet, noch finde eine Beratung oder Warnung durch den Richter statt.[2] Demgegenüber wird auch die Auffassung vertreten, dass ein im Beschlusswege festgestellter Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO ein vollwertiger gerichtlicher Vergleich sei und daher entsprechend § 127a BGB die für ein Rechtsgeschäft erforderliche notarielle Beurkundung stets ersetze.[3] Eine vermittelnde Auffassung geht jedenfalls dann von einer Anwendung des § 127a BGB auf Beschlussvergleiche aus, wenn dem abgeschlossenen Vergleich ein vom Gericht begründeter Vergleichsvorschlag zugrunde gelegen hat, weil diesem eine gerichtliche Prüfung vorausgegangen sei, die mit der eines Notars vergleichbar sei.[4]

Es geht also um die Frage, ob ein zunächst formunwirksamer außergerichtlicher Vergleich durch die gerichtliche Beschlussfeststellung nach § 278 Abs. 6 ZPO formwirksam werden kann.

Sachverhalt der Entscheidung

Im dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt stritten die rechtskräftig geschiedenen Ehegatten über die Wirksamkeit einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens schlossen die Beteiligten einen Scheidungsfolgenvergleich, dessen Zustandekommen das Amtsgericht mit Beschluss gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO feststellte. In dem Vergleich wurden unter anderem die Veräußerung der gemeinsamen Immobilie sowie die Verteilung der Kosten und des Erlöses geregelt und auf alle etwaigen darüber hinaus gehenden gegenseitigen Zugewinnausgleichsansprüche sowie auf gegenseitige Ehegattenunterhaltsansprüche verzichtet. Der Ehemann erklärte in der Folgezeit gegenüber der geschiedenen Ehefrau die Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung wegen arglistiger Täuschung im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung und begehrte im der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Verfahren im Wege des Stufenantrags von seiner geschiedenen Ehefrau Auskunft zum jeweiligen Stand des Vermögens am Tag der Eheschließung, am Tag der Trennung und am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags, die eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der demgemäß erteilten Auskünfte sowie einen nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden güterrechtlichen Ausgleichsbetrag nebst Zinsen. Das Amtsgericht Kiel hat den Antrag insgesamt zurückgewiesen.[5]

Die hiergegen eingelegte Beschwerde zum Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht vertrat die Auffassung, das Amtsgericht habe einen Auskunfts- und Zugewinnausgleichsanspruch des geschiedenen Ehemannes zu Recht in Gänze verneint, weil der geschlossene Vergleich weder wegen Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung noch wegen eines Formmangels unwirksam sei. Ein Formmangel liege deshalb nicht vor, weil der festgestellte Beschlussvergleich in entsprechender Anwendung des § 127a BGB di...

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