I. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung einer Abstammungsbegutachtung im Rahmen eines familiengerichtlichen Umgangsverfahrens.

1. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist die Mutter des im Juli 2007 geborenen Beschwerdeführers zu 3). Rechtlicher Vater ist der mit der Beschwerdeführerin zu 1) seit 2002 verheiratete Beschwerdeführer zu 2). Das Kind lebt seit seiner Geburt mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt, inzwischen gemeinsam mit einer jüngeren Schwester. Im Ausgangsverfahren begehrt der dortige Antragsteller, der nach dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalt neben dem Beschwerdeführer zu 2) als leiblicher Vater des Kindes in Betracht kommt, ihm ein Recht auf wöchentlichen unbegleiteten Umgang mit dem Beschwerdeführer zu 3) einzuräumen und die Eltern zu regelmäßiger Auskunft über die persönlichen Verhältnisse, die Entwicklung und die Gesundheit des Kindes zu verpflichten, dessen Abstammung als Vorfrage zu klären sei. Der Beschwerdeführer zu 3) weiß weder, dass er möglicherweise nicht vom Beschwerdeführer zu 2) abstammt, noch hatte er bisher Kontakt zum Antragsteller des Ausgangsverfahrens.

2. Mit Beweisbeschluss vom 21.8.2012 ordnete das Amtsgericht an, dass über die Frage, ob der "Antragsgegner" (gemeint war anscheinend der Antragsteller) Vater des Kindes ist, Beweis erhoben werden solle durch Einholung eines Abstammungsgutachtens. Es bestellte ein Genanalyselabor zum Sachverständigen und bestimmte, dass in die Begutachtung der Beschwerdeführer zu 3), die Beschwerdeführerin zu 1) und der Antragsteller einbezogen werden sollten. Eine Begründung enthielt der Beweisbeschluss nicht.

3. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht mit Beschl. v. 15.11.2012 als unzulässig. Die Beschwerde sei nicht statthaft. Zwischenentscheidungen seien gemäß § 58 FamFG grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar, sondern nur im Rahmen eines gegen die Endentscheidung gerichteten Rechtsmittels inzident überprüfbar. Dies gelte auch für einen Beweisbeschluss, der die Einholung eines DNA-Abstammungsgutachtens im Rahmen eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens anordne, und habe den Hintergrund, dass Beschlüsse, mit denen ein Sachverständiger bestellt und beauftragt werde, mangels Verpflichtung der Beteiligten zur Duldung der Untersuchung beziehungsweise zur Mitwirkung an ihr noch nicht in erheblichem Maße in ihre Rechte eingriffen. Über den nach der derzeitigen Rechtslage auch ohne entsprechende Verweisung analog anzuwendenden § 178 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 387 ZPO könne die Verweigerung der Untersuchung erklärt und deren Rechtmäßigkeit im Zwischenverfahren geklärt werden. Gegen eine die Teilnahme an der Begutachtung erzwingende Festsetzung von Ordnungsmitteln könne sofortige Beschwerde eingelegt werden. Damit sei ausreichender Rechtsschutz gewährleistet. Dies zugrunde gelegt, sei auch kein krasser Ausnahmefall gegeben, der eine Anfechtbarkeit des Beweisbeschlusses selbst gebieten würde, denn die mit dem angefochtenen Beweisbeschluss angeordneten Untersuchungen seien nach § 178 Abs. 1 FamFG (analog) beziehungsweise dem nach einem Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters einzufügenden § 163a FamFG grundsätzlich zu dulden, so dass der Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG gewahrt sei. Weder die maßgebliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte noch der Referentenentwurf sähen vor, dass bereits vor Klärung der Abstammung eine Kindeswohldienlichkeit des Umgangs festgestellt werden müsse.

II. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6 Abs. 1, 2 und 4 GG.

1. Dem mit dem angegriffenen Beweisbeschluss verbundenen Eingriff in die Grundrechte der Beschwerdeführer fehle eine ausreichende Legitimation. Die beabsichtigten Gesetzesänderungen belegten, dass derzeit noch keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden sei. Die Beschwerdeführerin zu 1) und der Beschwerdeführer zu 2) lebten seit jeher in einer stabilen, gefestigten familiären Gemeinschaft, für deren Fortsetzung sie sich im Bewusstsein der Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers gerade auch mit Rücksicht auf die klare Rechtslage, die ihnen eine Bewahrung der Ungewissheit über die Abstammung des Beschwerdeführers zu 3) ermöglichte, entschieden hätten. Vor einer Klärung der Abstammung sei auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Kindeswohldienlichkeit etwaiger Umgangskontakte des Antragstellers mit dem Kind zu prüfen. Mit dem Vorliegen eines Abstammungsgutachtens werde der Grundrechtseingriff unumkehrbar vollzogen.

2. Auf den mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschl. v. 17.12.2012 den angegriffenen Beweisbeschluss des Amtsgerichts vom 21.8.2012 einstweilen außer Kraft gesetzt.

3. Di...

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