§ 155a FamFG regelt in Ergänzung zu § 1626a Abs. 2 BGB die Besonderheiten des gerichtlichen Verfahrens. Danach sind drei Vorgehensweisen zur Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vorgesehen: erstens das vereinfachte Verfahren nach § 155a Abs. 3 FamFG, zweitens die Überleitung in ein normales Sorgerechtsverfahren nach § 155a Abs. 4 FamFG und drittens die Abgabe von Sorgeerklärungen zur Niederschrift des Gerichts nach § 155a Abs. 5 FamFG. Zu beachten ist, dass nach der Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 30 EGBGB ein Antrag, den ein Elternteil vor dem 19.5.2013 beim Familiengericht auf Ersetzung der Sorgeerklärung des anderen Elternteils nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB gestellt hat, als ein Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1626a Abs. 2 BGB gilt.[20] Entsprechendes gilt auch für laufende Verfahren auf Übertragung der gemeinsamen Sorge (bzw. eines Teilbereichs der Sorge) nach der Übergangslösung des BVerfG,[21] für die nun ebenfalls die Neuregelung (§ 1626a Abs. 2 BGB i.V.m. § 155a FamFG) gilt.[22]

[20] BT-Drucks 17/11048, S. 24.
[22] So auch Heilmann, Die Reform des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern – Das Ende eines Irrwegs?, NJW 2013, 1473. Die Überleitung dieser Verfahren hat zur Konsequenz, dass wesentliche Verfahrensgrundsätze des normalen Sorgerechtsverfahrens nicht mehr gelten, wenn die gesetzliche Vermutung des § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB greift, und dass sich der Prüfungsmaßstab in Bezug auf das Kindeswohl ändert (negative statt positiver Kindeswohlprüfung).

1. Eröffnung des Verfahrens

Das gerichtliche Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge (genau genommen: zur erstmaligen Beteiligung des Vaters an der gemeinsamen Sorge)[23] nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB steht nicht miteinander verheirateten Eltern zur Verfügung, wenn die rechtliche Vaterschaft geklärt[24] und die Mutter Inhaberin der Alleinsorge ist.[25] Unter diesen Voraussetzungen steht das Verfahren den nicht miteinander verheirateten Eltern unabhängig vom Alter des (minderjährigen) Kindes und unabhängig davon, ob das Kind vor oder nach Inkrafttreten des Gesetzes geboren wurde, zur Verfügung.[26]

Für die Zulässigkeit des Antrags und für die Durchführung des Verfahrens ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller bereits eine Sorgeerklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB beim Jugendamt abgegeben hat. Es steht jedem Elternteil frei, ob er zunächst versucht, durch Abgabe einer Sorgeerklärung beim Jugendamt den anderen Elternteil zur Begründung der gemeinsamen Sorge zu motivieren, oder ob er direkt einen Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge bei Gericht stellt.[27] Da der Gesetzgeber (im Gegensatz zur Regelung des Art. 224 § 2 Abs. 4 S. 1 EGBGB für sog. Altfälle) den Eltern ausdrücklich den Weg zur Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge (Abgabe von Sorgeerklärungen beim Jugendamt oder vereinfachtes Verfahren vor Gericht) freigestellt hat, um keine weiteren bürokratischen Hürden aufzubauen,[28] darf Verfahrenskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, dass sich der Antragsteller nicht vorab um die Abgabe einer Sorgeerklärung des anderen Elternteils bemüht habe. Die Rechtsverfolgung vor Gericht ist nach dem eindeutigen Gesetzgeberwillen in diesem Fall nicht mutwillig im Sinne des § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO.[29]

Das Verfahren wird mit einem verfahrenseinleitenden Antrag eröffnet.[30] Antragsberechtigt ist jeder Elternteil (§ 155a Abs. 2 S. 2 FamFG), nicht hingegen Dritte (etwa das Kind selbst oder das Jugendamt).[31] Da die Antragstellung voraussetzt, dass der Vater dem Kind auch rechtlich als Vater zugeordnet ist, ist ein leiblicher (aber nicht rechtlicher) Vater nicht antragsberechtigt.[32] Nicht vermeiden lässt sich nach geltendem Recht, dass die Mutter durch Verweigerung der erforderlichen Zustimmung zur Anerkennung der Vaterschaft (§ 1595 Abs. 1 BGB) die Einleitung eines Sorgerechtsverfahrens durch den Vater erheblich verzögert, weil der Vater in diesen Fällen zunächst die Klage auf Feststellung der Vaterschaft betreiben muss.[33]

Eine Antragstellung durch die sorgeberechtigte Mutter ist ebenfalls möglich, damit diese "den “vordergründig sorgeunwilligen‘ Vater durch einen eigenen Antrag beim Familiengericht in die gemeinsame Sorge einbinden" kann.[34] Gegen das Antragsrecht der Mutter werden im Schrifttum Bedenken erhoben,[35] weil (wie es auch in den Gesetzesmaterialien heißt) "die Wahrnehmung von Verantwortung nicht erzwungen werden" könne.[36] Freilich werden diese Bedenken in anderen Fällen nicht geltend gemacht. So wird die mit der ex-lege-Zuordnung des Kindes zur ledigen Mutter sowie zu verheirateten Eltern verbundene Übernahme elterlicher Verantwortung (§ 1626 Abs. 1, § 1626a Abs. 3 BGB) nicht als "erzwungen" betrachtet;[37] denn es handelt sich um eine notwendige einfachgesetzliche Ausgestaltung von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG (und danach ist die Elternverantwortung beiden Eltern unabhängig davon zugewiesen, ob die Bezie...

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