Innerhalb des normalen Sorgerechtsverfahrens hat das Gericht auf der Grundlage der vorgetragenen bzw. ersichtlichen kindeswohlrelevanten Gründe zu prüfen, ob die beantragte Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge bzw. eines Teils der Sorge dem Kindeswohl widerspricht (negative Kindeswohlprüfung, § 1626a Abs. 2 S. 1 BGB). Gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge mit dem Kindeswohl unvereinbar ist, insbesondere zu erwarten ist, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu erheblichen (einer Kindeswohlgefährdung nahe kommenden) Belastungen für das Kind führen würde, so hat es den Antrag abzuweisen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn auf "der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorlieg[t], die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man seine Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen". Des Weiteren gehören hierzu Fälle, "in denen sich womöglich über einen längeren Zeitraum beiderseits eine ablehnende Haltung verfestigt hat, so dass eine Verschärfung der Konflikte zwischen den Eltern zu erwarten ist, wenn man sie durch die Übertragung der gemeinsamen Sorge zwingt, sich über Angelegenheiten der gemeinsamen Sorge zu verständigen".[85]

Wird diese Schwelle nicht erreicht, so hat das Gericht durch Beschluss die Sorge bzw. den beantragten Teil der Sorge auf beide Eltern zu übertragen.

[85] Zu beiden Fallkonstellationen BT-Drucks 17/11048, S. 17 f. Eine Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein Elternteil zur Ausübung der Sorge ungeeignet ist. Dazu Leeb/Weber, ZKJ 2012, 344, 345 und 388, 389; Lohse, JAmt 2013, 298, 299.

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