Interview mit Ute Granold, MdB (CDU/CSU), und Christine Lambrecht, MdB (SPD) – Berichterstatterinnen der großen Koalition

FF/Schnitzler: Das letzte große Reformvorhaben im Familienrecht ist mit der Änderung des Zugewinnausgleichsrechts inzwischen im Bundestag verabschiedet worden und am 12.6.2009 hat auch der Bundesrat sich dazu entschlossen dem Gesetz zuzustimmen, bzw. von seinem möglichen Einspruchsrecht keinen Gebrauch zu machen. Damit wird das Gesetz noch zum 1.9.2009 in Kraft treten. Was waren am Ende noch die Probleme, die gelöst werden mussten? Am 12.2.2009 hat es ja ein Berichterstattergespräch mit Sachverständigen gegeben.

Granold: Nach der ersten Lesung und der Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung in die Ausschüsse hat der federführende Rechtsausschuss im Februar 2009 ein sog. erweitertes Gespräch durchgeführt, an dem auch externe Sachverständige teilgenommen haben. Hier gab es eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, die uns überzeugt haben. In den anschließenden koalitionsinternen Beratungen haben wir daraufhin den Regierungsentwurf in zentralen Punkten modifiziert.

Hierzu zählen im Wesentlichen die Herabsetzung der Kappungsgrenze auf das vorhandene Vermögen, die Einführung eines neuen Auskunftsanspruchs über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung, der bereits ab der Trennung besteht, und die Einführung einer Beweislastumkehr hinsichtlich illoyaler Vermögensminderungen in der Zeit nach der Trennung.

Die Koalition hat damit einen bereits guten Regierungsentwurf noch einmal in zentralen Punkten verbessert. Insbesondere diese nachträglichen Änderungen geben dem ausgleichsberechtigten Ehegatten nun ein Instrumentarium an die Hand, mit dem er sich wirksam vor Vermögensmanipulationen wird schützen können.

Lambrecht: Die Beratungen innerhalb der Koalition und das erweiterte Berichterstattergespräch waren sehr konstruktiv. Es kam uns darauf an, dass die Teilung des während der Ehezeit erwirtschafteten Vermögenszuwachses gerecht ist. Wir haben darüber diskutiert, wie der ausgleichsberechtigte Ehegatte während der Trennungszeit besser vor illoyalen Vermögensverschiebungen geschützt werden kann. Daher haben wir einen einheitlichen Zeitpunkt für die tatsächliche Höhe der Ausgleichsforderung und die Berechnung des Zugewinns festgelegt, den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Bislang kommt es für die Ausgleichszahlung auf das vorhandene Vermögen zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt, der Rechtskraft des Scheidungsurteils an. Am Ende haben wir uns entgegen dem ursprünglichen Regierungsentwurf darauf geeinigt, dass der ausgleichspflichtige Ehegatte, der Vermögen verschiebt, sogar wenn nötig Schulden zur Zahlung des Zugewinns aufnehmen muss. Von einer Kappungsgrenze auf die Hälfte des Vermögens haben wir am Ende der Beratungen ganz abgesehen. Außerdem muss der zum Ausgleich verpflichtete Ehegatte, soweit sein Endvermögen geringer ist als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung angegeben hat, diese Vermögensminderung nachvollziehbar darlegen. Sehr intensiv diskutiert haben wir auch über die Anrechnung von eheneutralem Erwerb und die Einführung einer Härteklausel, beispielsweise im Fall von Schmerzensgeldansprüchen oder Lottogewinnen diskutiert. Wir haben uns aber dagegen entschieden, denn der Zugewinnausgleich muss so praxistauglich, klar und gut handhabbar bleiben – wie seit Inkrafttreten vor 50 Jahren. Von Anfang an einig waren wir uns bei der Anrechnung von Schulden zu Beginn der Ehe bei der Berechnung des Vermögenszuwachses. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Alle Fraktionen haben am Ende zugestimmt.

FF/Schnitzler: Zum 1.9.2009 wird auch die Änderung des Versorgungsausgleichs in Kraft treten. Was sind für Sie die wichtigsten Gesichtspunkte? Warum ist es nicht möglich gewesen, das Rentnerprivileg auch im neuen Versorgungsausgleichsrecht durchzusetzen? Dies ist im Verhältnis zu dem bisherigen Recht ein echter Nachteil, vor allem für diejenigen Ehegatten, die schon bei der Ehescheidung in Rente sind.

Granold: Die Strukturreform des Versorgungsausgleichs ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit nach einer Ehescheidung. Insbesondere wegen der wachsenden Bedeutung der Zusatzversorgungen in der betrieblichen und privaten Altersversorgung kommt der Reform eine hohe Bedeutung zu. Vor allem wird der Ehepartner, der im Interesse der Familie seine eigene berufliche Karriere ganz oder teilweise zurückgestellt hat, von der Reform profitieren – gerade bei langjährigen Ehen. Das sind häufig die Frauen.

Durch die Reform erhalten die Eheleute zudem größere Spielräume, den Versorgungsausgleich individuell und ohne gerichtliche Entscheidung zu vereinbaren. Darüber hinaus wird das faktische "Ost-West-Moratorium" beseitigt. Das neue Recht wird außerdem wesentlich übersichtlicher und sprachlich verständlicher.

Was die Streichung des sog. Rentnerprivilegs betrifft: Das bisher geltende Recht sah eine Sonderregelung für diejenigen vor, die im Zeitpunkt der Sch...

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