I. Einleitung

Sofern die Eheleute nicht durch einen Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Durch den bei Beendigung des Güterstandes zu regelnden Zugewinnausgleich soll sichergestellt werden, dass beide Ehegatten an dem, was sie während der Ehe erworben haben, je zur Hälfte beteiligt sind,[1] ohne dass unterschiedliche Mitverursachungsquoten an der Wertschöpfung daran etwas ändern. Zugewinngemeinschaft bedeutet also Gütertrennung während des Bestehens der Ehe mit der Verpflichtung zum Ausgleich des Zugewinns bei Beendigung des Güterstandes. Nach jahrelangen Diskussionen in Rechtsprechung und Literatur[2] hat nunmehr der Deutsche Bundestag am 6.7.2009[3] das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs und der Regelung der Rechtsverhältnisse an Ehewohnung und an den Haushaltsgegenständen verabschiedet. Der Entwurf ist im Rechtsausschuss an verschiedenen Stellen geändert worden.[4] Das Gesetz tritt zusammen mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008[5] am 1.9.2009 in Kraft. Ziel der Reform ist es sicherzustellen, dass entsprechend dem Grundgedanken des Zugewinnausgleichs der wirtschaftliche Erfolg aus der Ehe tatsächlich auf beide Ehepartner verteilt wird und Manipulationen der Ausgleichsbilanz verhindert oder zumindest erschwert werden. Unverändert hält das Gesetz an den Grundprinzipien des Zugewinnausgleichs fest: Stichtagsprinzip, Indexierung des Anfangsvermögens, Begrenzung der privilegierten Zuwendungen nach § 1374 Abs. 2, Möglichkeit der Berufung auf grobe Unbilligkeit nach § 1381 BGB nur für den Ausgleichspflichtigen. Das Gesetz betont die Notwendigkeit eines einfachen, klaren und in der Praxis leicht handhabbaren Güterstandes und soll dazu dienen, die nach dem bisherigen Recht erzielten ab und an unausgewogenen Ergebnisse für die Ehegatten "gerechter" gestalten zu können. Im Einzelnen sieht das Gesetz Folgendes vor:

  • Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens in § 1374 BGB,
  • verbesserte Möglichkeiten der Aufdeckung von Manipulationen durch einen Auskunftsanspruch zum Trennungszeitpunkt und zum Anfangsvermögen sowie die Verpflichtung zur Vorlage von Belegen,
  • Vorverlegung des Berechnungszeitpunktes für die Höhe des Zugewinns auf den Stichtag, § 1384 BGB,
  • Verbesserung der Antragsmöglichkeiten und des vorläufigen Rechtschutzes gegen unredliche Vermögensverschiebungen.
[1] BVerfG FamRZ 1989, 939, 941; BGH FamRZ 1980, 768, 769.
[2] Siehe nur die Beschl. der Arbeitskreise des Deutschen Familiengerichtstages.
[3] BGBl I, 1696.
[4] BT-Drucks 16/13027.
[5] BGBl I, 2586.

II. Die Neuregelungen im Einzelnen

1. Nach der bisherigen Regelung in § 1374 Abs. 1, 2. Hs. BGB können Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden. Konsequenz dieser im Schrifttum[6] zu Recht heftig kritisierten gesetzlichen Regelung ist es, dass Vermögensmehrungen während des ehelichen Zusammenlebens nicht berücksichtigt werden, soweit sie dem Ausgleich eines negativen Anfangsvermögens dienen. Damit wird der Ehegatte, der schuldenfrei in die Ehe geht, eklatant benachteiligt. Der mit Verbindlichkeiten in die Ehe gehende Ehegatte ist deutlich besser gestellt als sein schuldenfreier Partner, denn er übernimmt über den Zugewinn quasi die Hälfte der Verbindlichkeiten. Zwar besteht schon bisher die Möglichkeit, in einem Ehevertrag zu vereinbaren, dass als Anfangsvermögen ein negativer Wert angesetzt wird, eine Korrektur des ungerechten Ergebnisses der Nichtberücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens über § 1381 BGB ist jedoch nicht möglich, weil es sich um eine systemimmanente Ungerechtigkeit handelt.[7]

Die gesetzliche Neuregelung sieht vor, in Abs. 1 den letzten Halbsatz zu streichen und fügt folgenden Absatz 3 ein: "Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen". Mit dieser Neuregelung ist klargestellt, dass die Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens auch für einen privilegierten Erwerb nach Abs. 2 gilt; damit soll verhindert werden, dass sich bei Übernahme von privilegiert erworbenen Verbindlichkeiten das Endvermögen mindert. Ein privilegierter Erwerb, der mit Belastungen verbunden ist und die Aktiva übersteigt, so dass wirtschaftlich ein Erwerb nicht stattfindet, wird ins Minus gestellt. Soweit die Verbindlichkeiten getilgt werden, ist der wirtschaftliche Zuwachs zu teilen.

Beispiel 1: (alle Beispiele ohne Indexierung)

 
Anfangsvermögen des M  ./. 100.000,00 EUR
Endvermögen des M 100.000,00 EUR
Anfangsvermögen der F  0,00 EUR
Endvermögen der F 100.000,00 EUR
Zugewinn des M 200.000,00 EUR
Zugewinn der F 100.000,00 EUR
Ausgleichsanspruch der F (200.000 EUR./. 100.00 EUR = 100.000 : 2 =) 50.000,00 EUR

Beispiel 2:

 
Anfangsvermögen des M  80.000,00 EUR
Aktivendvermögen 120.000,00 EUR
Hinzuerwerb nach § 1374 Abs. 2  ./.  60.000 EUR
Anfangsvermögen der F  0,00 EUR
Endvermögen der F  0,00 EUR
Berechnung: Anfangsvermögen des M (80.000 EUR ./. 60.000 EUR =)  20.000,00 EUR
Endvermögen (Aktiva 120.000 EUR ./. Passiva bei ...

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