I. Einleitung

Im Rahmen des FamFG[1] wird es eine völlige Neuregelung der Eilverfahren in Sorge- und Umgangsverfahren geben. Nach § 151 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG werden diese Verfahren als Kindschaftssachen bezeichnet. Zu den gesetzgeberischen Zielen in Kindschaftssachen gehört es insbesondere, dass diese Verfahren vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden (§ 155 FamFG). Damit erhalten diese Verfahren eine besondere Gewichtung, die bereits seit längerem vom BVerfG und vom EuGH MR angemahnt werden.[2] Gerade die Verfahrensdauer bis zu einer gerichtlichen Entscheidung spielt nach dieser Rechtsprechung wegen des kindlichen Zeitempfindens, das gerade bei jüngeren Kindern nicht dem Zeitempfinden Erwachsener entspricht, und der damit verbundenen rein faktischen (Vor-)Entscheidung eine besondere Rolle, die die Familiengerichte beachten müssen.[3]

Verfahrensziel ist weiter, möglichst ein Einvernehmen der Beteiligten zu erreichen (§ 156 FamFG). Damit enthält das FamFG wesentliche Elemente aus der Praxis des Cochemer Modells und ähnlich angelegter Konzepte, die durch die Zusammenarbeit aller professionell am Konflikt Beteiligten als vorrangiges Ziel den Abschluss einer Vereinbarung anstreben.[4] Im Kontext damit steht die neue Konzeption des einstweiligen Rechtsschutzes durch §§ 49 ff. FamFG.

[1] Gesetz vom 17.12.2008, BGBL I 2585.
[2] Z.B. BVerfG FamRZ 2001, 735 f.; EuGH MR FamRZ 2009, 105.
[4] Zum Cochemer Modell: Rudolph, FF 2005, 167 ff.; Füchsle-Voigt, FPR 2004, 600, 602; Söhnen, ZFE 2005, 40f; kritisch etwa Kölner Fachkreis Familie, FF 2006, 215.

II. Die bisherigen Regelungen der einstweiligen Anordnung

Um die Unterschiede zur bisherigen Rechtslage deutlich zu machen, sollen zusammengefasst die Grundsätze des bisherigen einstweiligen Rechtsschutzes dargestellt werden. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil auch noch über den 1.9.2009 hinaus das bisherige Recht in den Verfahren Anwendung findet, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurden (Art. 111 FGG-Reformgesetz). Es wird also noch eine Zeit lang ein Nebeneinander von alter und neuer Verfahrensordnung geben.

Die bisherige Rechtslage sieht wegen der einstweiligen Anordnung in Kindschaftssachen wie folgt aus:[5]

1. Verfahrensrechtlich kann eine solche einstweilige Anordnung im Scheidungsverbundverfahren gem. §§ 620 ff. ZPO und insbesondere in Verfahren das Sorge- und Umgangsrecht betreffend gem. § 620 Nr. 1 ZPO und Nr. 2 beantragt werden. Im isolierten Verfahren ergibt sich die Zulässigkeit aus § 621g ZPO für die Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 7 ZPO, also insbesondere in Sorgerechts- und Umgangsverfahren. Die Rechtsprechung hatte bereits vor der Regelung des § 621g ZPO die Zulässigkeit richterrechtlich entwickelt.[6]

Ein isoliertes einstweiliges Anordnungsverfahren gibt es nicht. Zulässig ist eine einstweilige Anordnung nur dann, wenn ein Hauptsacheverfahren anhängig ist. Es handelt sich – im Gegensatz zu Arrest und einstweiliger Verfügung – um ein verfahrensunselbständiges Eilverfahren.[7] Dabei reicht es aus, wenn ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird.

2. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt weiter voraus, dass ein dringendes Bedürfnis an einer solchen Regelung besteht. Das dringende Bedürfnis ist auch wiederum im Einzelnen darzulegen.[8] Besondere Voraussetzungen gelten bisher für einstweilige Anordnungen in Verfahren, die von Amts wegen betrieben wurden, wie die Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB. Überwiegend ist anerkannt, dass einstweilige Anordnungen auch ohne Antrag erlassen werden können.[9] Streitig ist nur, ob dies auf der Grundlage des § 621g ZPO möglich ist.[10] Verlangt wird aber, dass ein Zuwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet ist, weil diese zu spät kommen und die Interessen des Kindes nicht mehr genügend wahren würde.[11] Hier hat jetzt bereits § 50e FGG für erleichterte Erlassvoraussetzungen gesorgt, weil das Gericht unverzüglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen hat.[12]

Die Rechtsprechung des BVerfG, die gerade in Sorge- und Umgangsverfahren wegen der sich aus Art. 6 Abs. 2 GG ergebenen Relevanz zu Verfahrensfragen häufig sehr konkret Stellung nimmt, verlangt bei der Bedürfnisprüfung immer eine Abwägung aller Grundrechtspositionen.[13] Im Rahmen dieses Abwägungsvorgangs kommt dem Kindeswohl eine entscheidende Bedeutung zu.[14] Wie das Kindeswohl sichergestellt werden kann, ist eine Einzelfallentscheidung, wobei aber dem Kontinuitätsgrundsatz eine besondere Bedeutung zukommt.[15]

3. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist weiter eine unmittelbare Kongruenz zwischen dem Gegenstand einer einstweiligen Anordnung und der Hauptsache.[16]

4. Ob neben einer einstweiligen Anordnung auch eine vorläufige Anordnung in Antragsverfahren von Amts wegen erlassen werden kann, ist ebenfalls umstritten. Für Umgangsverfahren wird dies bejaht, da das Familiengericht von Amts wegen gem. § 1684 Abs. 3 BGB den Umgang regeln könne.[17]

5. Obwohl zwar immer wieder formularmäßig beantragt, wird das Gericht in aller Regel n...

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