Gesetzgeberische Maßnahmen außerhalb des Strafrechts

1. Für Familienrichterinnen und Familienrichter werden durch eine Ergänzung des § 23b Absatz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes spezifische Eingangsvoraussetzungen nach dem Vorbild der Regelung für Insolvenzrichterinnen und -richter eingeführt. Wer ein Dezernat für Familiensachen übernimmt, soll über belegbare Kenntnisse im Familienrecht, insbesondere im Bereich des Kindschaftsrechts einschließlich des Familienverfahrensrechts, und über psychologische und pädagogische Grundkenntnisse verfügen oder diese alsbald erwerben. Kindschaftsrechtliche Verfahren stellen hohe Anforderungen. Die Verfahren sind häufig von hoher Emotionalität und persönlichen Belastungen geprägt. Persönliche Anhörungen gerade von Kindern und Jugendlichen erfordern ein besonderes Einfühlungsvermögen und besondere Anhörungstechniken. Gerade in Kindschaftsverfahren werden Entscheidungen getroffen, die erhebliche Auswirkungen auf das weitere Leben von Kindern und ihren Familien haben. Entscheidungen in diesen Verfahren sind in höchstem Maße grundrechtsrelevant. Gerade deshalb müssen die Personen, die diese Entscheidungen treffen, von Anfang an bestmöglich dafür gerüstet sein.

2. Durch eine Ergänzung im Jugendgerichtsgesetz werden besondere Qualifikationsanforderungen für Jugendrichterinnen und Jugendrichter sowie Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte eingeführt. Wegen der Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit der kindlichen Zeugen ist es in Jugendschutzsachen (für die – auch – die Jugendgerichte zuständig sind) besonders wichtig, dass die Verfahren verständig und einfühlsam geführt werden. Kinder, die von Missbrauch betroffen sind, haben Schreckliches erlebt. Sie sind oft traumatisiert und bedürfen professioneller Hilfe und Unterstützung. Bei dem Umgang mit den kindlichen Zeugen kommt es darauf an, erneute Belastungen oder Schädigungen zu verhindern. Damit Jugendrichterinnen und Jugendrichter diesen hohen Anforderungen genügen können, müssen sie durch entsprechende Qualifizierung gerüstet sein.

3. Fortbildung ist unverzichtbar für die Bewältigung des Berufsalltags der Richterinnen und Richter. Dies gilt in besonderem Maße auch und gerade für den besonders sensiblen Bereich des Familienrechts. Deshalb wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Ländern einen Vorschlag unterbreiten, wie eine allgemeine Fortbildungspflicht für Richterinnen und Richter in allen Landesrichtergesetzen noch besser sichtbar gemacht und durch eine Pflicht des Dienstherrn, die Fortbildung durch geeignete Maßnahmen zu fördern, flankiert werden kann.

4. Auch Verfahrensbeistände müssen für ihre wichtige Rolle, die ihnen als "Anwälte des Kindes" im Verfahren zukommt, gut qualifiziert sein. Ihnen obliegt es, die Interessen des Kindes im Verfahren sichtbar zu machen. Die Auswahl eines geeigneten Verfahrensbeistandes liegt allein im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Nunmehr werden Qualifikationsanforderungen für Verfahrensbeistände im Gesetz geregelt, um Kriterien zu schaffen, die die persönliche und fachliche Eignung des Verfahrensbeistandes noch besser gewährleisten können.

5. Die Vorschriften zur Anhörung des Kindes in kindschaftsrechtlichen Verfahren werden in zweifacher Weise ergänzt. Erstens soll in der Anhörungsvorschrift die Pflicht des Gerichts geregelt werden, ein Absehen von der persönlichen Anhörung des Kindes stets zu begründen. Und zweitens soll die persönliche Anhörung des Kindes für Kindesschutzverfahren verbindlich vorgeschrieben werden, auch wenn das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

6. Durch Änderungen der §§ 34 und 46 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) soll die Aufnahme von Eintragungen auch geringfügiger Verurteilungen wegen Straftaten, die sich gegen Kinder und Jugendliche richten, von unter einem Jahr Freiheitsstrafe in ein erweitertes Führungszeugnis von drei auf zehn Jahre erheblich verlängert und die Mindesttilgungsfrist für diese Verurteilungen verdoppelt werden. Es entspricht der Aufgabe des Bundeszentralregisters, Stellen, die Personen mit einer beruflichen und/oder ehrenamtlichen Beschäftigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger beauftragen wollen, sowie unbeschränkt auskunftsberechtigten Stellen, zu denen nach § 41 BZRG u.a. Gerichte, Staatsanwaltschaften und die Polizei gehören, Zugang zu den Informationen zu gewähren, die erforderlich sind, um die im Interesse der Strafrechtspflege und der öffentlichen Sicherheit notwendigen Entscheidungen zu treffen. Um einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten, wird den auskunftsberechtigten Behörden auch noch Zugang zu lange zurückliegenden Verurteilungen gewährt. Damit wird den Forderungen des Bundesrates (BR-Drucks 645/19) nach einer Verlängerung der Aufnahme- und Tilgungsfristen und damit der Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes im BZRG Genüge getan.

7. Durch eine Ergänzung in der StPO wird der Straftatbestand der schweren sexualisierten Gewalt ge...

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