Gründe: I. [1] Das Verfahren hat die Anfechtung der Vaterschaft des Antragsgegners durch die Kindesmutter (Antragstellerin) zum Gegenstand.

[2) Die Antragstellerin und der Antragsgegner hatten seit September 2014 eine Beziehung, trennten sich aber in der Folge mehrfach und waren auch im Zeitraum von September 2015 bis zum März 2016 getrennt. Während dieser Trennung hatte die Antragstellerin Geschlechtsverkehr ausschließlich mit einem anderen Mann, von dem sie – was sie im Februar 2016 feststellte – schwanger wurde. In dem Wissen um diese Umstände und mit dem Ziel, dass das Kind als eheliches des Antragsgegners geboren werden sollte, schlossen dieser und die Antragstellerin am 17.5.2016 die Ehe. Am 11.10.2016 wurde die Tochter K. geboren. Im September 2017 trennten sich Antragstellerin und Antragsgegner, die Ehe wurde im Januar 2019 rechtskräftig geschieden.

[3] Im Juli 2018 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht die Feststellung beantragt, dass der Antragsgegner nicht der Vater von K. sei. Der Antragsgegner ist dem mit dem Einwand entgegen getreten, die Antragstellerin habe ihr Anfechtungsrecht verwirkt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Abstammungsgutachtens die beantragte Feststellung ausgesprochen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

[4] Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner seinen Zurückweisungsantrag weiter.

II. [5] Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

[6] 1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

[7] Für das Anfechtungsrecht der Mutter sei ohne Bedeutung, ob die Vaterschaft auf einer Ehe oder einer Anerkennung beruhe. Die Anfechtungsfrist habe hier mit der Geburt von K. begonnen. Es liege auch weder ein Fall der Verwirkung noch ein Rechtsmissbrauch vor. Das Statusrecht kenne keinen Vertrauenstatbestand. Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass die Vaterschaft ganz erhebliche Auswirkungen – insbesondere beim Sorgerecht – auf die Rechtsstellung der Mutter habe. Dementsprechend könne sie auch dann anfechten, wenn sie zuvor einer falschen Vaterschaftsanerkennung zugestimmt habe. Gleiches müsse für den hier zu entscheidenden Fall einer Vaterschaft aufgrund Eheschließung gelten. Die mit der Eheschließung verbundenen Erwartungen der Antragstellerin hätten sich vorliegend erkennbar nicht erfüllt. Anfechtungsgrund sei stets allein das Auseinanderfallen von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft. Voraussetzung sei auch nicht, dass die Anfechtung dem Wohl des Kindes diene.

[8] 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

[9] Gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 3 BGB ist die Mutter berechtigt, die Vaterschaft anzufechten. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen ist der Antragsgegner nicht der leibliche Vater von K. und die Anfechtungsfrist des § 1600b Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB gewahrt. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, ist weder die Feststellung nach § 1599 Abs. 1 BGB von weiteren Voraussetzungen abhängig noch das Anfechtungsrecht der Antragstellerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen.

[10] a) Das Anfechtungsrecht der Mutter ist nicht von weiteren Voraussetzungen und insbesondere nicht von einer Kindeswohldienlichkeit abhängig, was nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken trifft.

[11] aa) Das Gesetz enthält für die Anfechtung durch die Mutter von der Einhaltung der Anfechtungsfrist abgesehen keine zusätzlichen Voraussetzungen.

[12] Ein eigenes Anfechtungsrecht der Mutter – die zuvor nur als Vertreterin des Kindes die Vaterschaft anfechten konnte – hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2942; Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) mit Wirkung zum 1.7.1998 in § 1600 BGB geregelt. Dabei hat er bewusst davon Abstand genommen, bei der Vaterschaftsanfechtung durch die Mutter eine Kindeswohlprüfung bzw. die Zustimmung des volljährigen Kindes als Anfechtungsvoraussetzung vorzusehen (vgl. BT-Drucks 13/4899 S. 148 und 13/8511 S. 70, 72). Nach dem ersten Regierungsentwurf waren in § 1600 Abs. 2 BGB noch diese Voraussetzungen für die Anfechtung der Mutter genannt (vgl. BT-Drucks 13/4899 S. 6), weil der "zerstörende Rechtsakt" der Vaterschaftsanfechtung für das Kind mit einem weit höheren Risiko verbunden sei als die die Vaterschaft begründende Vaterschaftsanerkennung, weshalb für letztere der Mutter ein uneingeschränktes Mitwirkungsrecht eingeräumt werden könne (vgl. BT-Drucks 13/4899 S. 55). Diese Anfechtungsvoraussetzungen wurden jedoch auf Vorschlag des Bundesrats (vgl. BT-Drucks 13/4899 S. 148) und auf Empfehlung des Rechtsausschusses (vgl. BT-Drucks 13/8511 S. 70, 72) trotz in der Literatur geäußerter Kritik (vgl. Gaul, FamRZ 1997, 1441, 1457 f.) gestrichen.

[13] Der Gesetzgeber ließ sich dabei davon leiten, dass es für eine Differenzierung danach, ob der Mann, die Mutter oder das Kind die Vaterschaft anficht, an ausreichenden Gründen fehle. Dem Interesse der Mutter, die unzutreffende re...

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