Gründe: [1] Das zulässige Ablehnungsgesuch der Pflegeeltern gegen den Richter am Amtsgericht Dr. K. ist begründet (§§ 6 FamFG, 567 ff., 41 ff. ZPO).

1. [2] … . (Anm. der Red.: Rn 2 bis 8 entsprechen Rn 2 bis 8 der vorstehenden Entscheidung des OLG Hamm, Rn 9 und 10 geben die dortige Beschwerdeentscheidung wieder).

[11] Mit Beschl. v. 11.12.2019 hat das Amtsgericht das Ablehnungsgesuch der Pflegeeltern gegen den Familienrichter Dr. K. (Richter am Amtsgericht) erneut zurückgewiesen. Es hat dazu ausgeführt, dass eine Besorgnis der Befangenheit nicht bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses vom 23.1.2020 Bezug genommen.

[12] Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Pflegeeltern ihr Ablehnungsgesuch weiter und berufen sich darauf, dass das Verhalten des abgelehnten Richters die Besorgnis der Befangenheit auslöse.

2. [13] Die Pflegeeltern haben den Familienrichter zu Recht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (§§ 6 FamFG, 42 ZPO).

[14] Befangenheit des Richters ist gleichbedeutend mit Parteilichkeit und Voreingenommenheit. Befangenheit meint eine unsachliche innere Einstellung des Richters, die sich störend auf seine Distanz, Neutralität und Unparteilichkeit gegenüber den Beteiligten des konkreten Verfahrens auswirken kann. Besorgnis der Befangenheit des “Richters ist anzunehmen, "wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 42 Rn 8)."

[15] Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit und unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus. Entscheidend ist allein, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 Rn 9).

[16] Das ist hier der Fall. Denn durch die Verfahrensweise des Richters ist die Mitwirkung der Pflegeeltern an der Verfahrensgestaltung und ihre Einflussnahme auf die Entscheidungsgrundlagen sachwidrig beschnitten worden. Hierzu genügt eine einseitige Rechtsverkürzung, eine Ungleichbehandlung ist insoweit nicht erforderlich. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist dies etwa angenommen worden im Fall der Weigerung des Richters, den schriftsätzlich angekündigten Antrag einer Partei "anzunehmen" und ihn im Protokoll festzuhalten sowie im Fall der mangelnden Bereitschaft, das Prozessvorbringen einer Partei vollständig zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu würdigen (vgl. auch hierzu: Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 Rn 23 m.w.N.).

[17] Die ausführlichen tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Verfahrensbevollmächtigen der Pflegeeltern in den Schriftsätzen vom 18.3.2019 und vom 17.4.2019 hätten den abgelehnten Richter veranlassen müssen, die mündliche Verhandlung vom 30.4.2019 auch im Hinblick auf die Frage der Beteiligtenfähigkeit der Pflegeeltern und ihren ausdrücklichen Antrag auf Erlass einer Verbleibensanordnung gem. § 1632 Abs. 4 BGB sorgfältig vorzubereiten. Dann wäre er gar nicht umhingekommen, die Pflegeeltern am Verfahren zu beteiligen und über die beantragte Verbleibensanordnung zu verhandeln. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu auf den Senatsbeschluss vom 17.10.2019 (OLG Hamm – 11 WF 155/19 und 190/19) Bezug genommen. Das Verhalten des abgelehnten Richters im Termin vom 30.4.2019 legt aber nahe, dass er den Inhalt des Schriftsatzes und den dort angekündigten Antrag überhaupt nicht oder nur unzureichend zur Kenntnis genommen hat. Er hat die Pflegeeltern sogar ausdrücklich von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen. Dieses Verhalten des abgelehnten Richters gäbe auch einem ruhig und vernünftig denkenden Verfahrensbeteiligten Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Mitgeteilt von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Claudia Marquardt, Köln

FF 7/2020, S. 319 - 320

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