Gerd Uecker

Nach der Reform ist vor der Reform. Die Diskussionen um die gesetzliche Vergütung sind mit der letzten Reform nicht abgebrochen. Die Arbeiten für eine weitere Reform haben begonnen. Für uns Familienrechtler hat dies eine ganz erhebliche Bedeutung. Die gesetzlichen Gebühren im Familienrecht sind nicht auskömmlich. Dies gilt insbesondere für Sorge- und Umgangsverfahren. Gleiches gilt für Verfahren auf Auseinandersetzung des ehelichen Haushaltes, Zuweisung der ehelichen Wohnung sowie für die Verfahren auf erstmalige Festsetzung von Kindes- und Ehegattenunterhalt sowie die Abänderung bereits vorhandener Titel. Teilweise gibt es gar keine Vergütung für die Durchführung einzelner Verfahren, wie beispielsweise Verfahren auf Abänderung einstweiliger Anordnungen im Kindes- und Ehegattenunterhalt.

Sämtliche dieser Verfahren haben für die Betroffenen einen erheblichen Stellenwert. Sie sind häufig mit einem beträchtlichen Zeitaufwand verbunden. Eine dem tatsächlichen Aufwand verbundene Vergütung wird der Familienanwalt nur dann bekommen, wenn er von Beteiligten beauftragt wird, die in überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen leben und dazu bereit sind, für die Tätigkeit eine dem Aufwand angemessene Vergütung zu zahlen. Im Regelfall bleibt es bei den gesetzlichen Gebühren.

Die wirtschaftliche Situation der Familienanwälte wird zusätzlich dadurch belastet, dass insbesondere in Ballungszentren die sonstigen Kosten ansteigen. Dies gilt zunächst für Mietaufwendungen für eigene Büroräumlichkeiten. Es gilt aber auch für die Vergütung von Mitarbeitern. Die knappe Anzahl der vorhandenen Rechtsanwaltsfachangestellten hat dazu geführt, dass die Vergütung in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Ein weiterer Anstieg wird sich nicht vermeiden lassen. Andernfalls wird es uns nicht gelingen, noch Nachwuchs zu finden. Die Anzahl der in der Ausbildung befindlichen Rechtsanwaltsfachangestellten ist in den letzten Jahren konstant gesunken. Dies gilt nicht zuletzt auch deswegen, weil zumindest in der Vergangenheit die Vergütung der Fachangestellten nicht (mehr) konkurrenzfähig war. Auch die Anzahl der jungen Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind, als Fachanwälte für Familienrecht tätig zu werden, sinkt. Das Familienrecht gilt als ein Rechtsgebiet mit hohem persönlichen Arbeitseinsatz bei ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Bei einer Reform des RVG muss deshalb über strukturelle Verbesserungen der Vergütung von im Familienrecht tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten nachgedacht werden. Jedenfalls sollte uns Familienrechtlern in Zukunft die Möglichkeit eingeräumt werden, eine unserem Arbeitsaufwand angemessene Vergütung zu erhalten.

Das bei einer Strukturreform auch der Zugang zum Recht gerade im Familienrecht bedacht werden muss, ist selbstverständlich. Es kann jedoch nicht angehen, dass das hohe Gut des Zugangs zum Recht im Wesentlichen durch die im Familienrecht tätigen Rechtsanwälte finanziert wird.

Der geschäftsführende Ausschuss wird allen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht in den nächsten Wochen einen Fragebogen zur Erfassung der eigenen wirtschaftlichen Situation übersenden. Die statistische Auswertung dient vor allen Dingen dazu, eine Grundlage für Diskussionen um eine Verbesserung der Vergütung von Familienrechtsanwälten zu finden. Die Auswertung des Fragebogens ist für die Jahresarbeitstagung 2017 geplant.

Autor: Gerd Uecker

Gerd Uecker, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Hamburg

FF 7/2017, S. 265

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