Sind die Eltern noch verheiratet und besteht die gemeinsame elterliche Sorge, so muss derjenige Elternteil, welcher das Kind nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB in seiner Obhut hat, den Anspruch nach § 1629 Abs. 3 BGB im eigenen Namen gerichtlich geltend machen. Es besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1629 Abs. 3 BGB kein Wahlrecht, sondern die Verfahrensstandschaft ist zwingend![3] Das gesetzgeberische Anliegen hinter § 1629 Abs. 3 BGB besteht in der Ermöglichung des Einbezugs der Ansprüche auf Kindesunterhalt in den Scheidungsverbund, ohne das Kind als förmlichen Beteiligten in den Rechtsstreit der Eltern einbeziehen zu müssen.[4] Wichtig ist, dass dies auch auf Passivseite gilt, also wenn der Unterhaltsschuldner eine Abänderung des Kindesunterhalts(-titels) geltend machen will und die Ehe noch nicht rechtskräftig geschieden ist.[5] Der Anspruch oder der Antrag bei Gericht muss sich dann immer gegen den anderen Elternteil richten und nicht gegen das Kind.[6]

Wird in einem gerichtlichen Verfahren, welches bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1629 Abs. 3 BGB begonnen worden ist, zwischenzeitlich die Ehe rechtskräftig geschieden, so bleiben die Wirkungen des § 1629 Abs. 3 BGB für die Dauer des Verfahrens erhalten, solange der Elternteil nicht die elterliche Sorge verliert.[7] Anders ist es im Falle des Erreichens der Volljährigkeit des Kindes im Laufe des Verfahrens. Hier endet die Verfahrensstandschaft und der Elternteil scheidet aus dem laufenden Verfahren aus. Nach Auffassung des BGH kann der Elternteil den eigenen Antrag in diesem Fall für erledigt erklären.[8] Dies ist insbesondere dann angezeigt, wenn das Kind, welchem der BGH die freie Entscheidung darüber überlassen will, ob das Verfahren fortgesetzt werden soll, nicht in das Verfahren eintreten möchte. Sollte das Kind das Verfahren fortführen wollen, so kann das Kind im Wege des gewillkürten Beteiligtenwechsels, der ein Fall der Antragsänderung ist,[9] mit Zustimmung des bisher beteiligten Elternteils,[10] jedoch grundsätzlich ohne erforderliche Zustimmung des beklagten Elternteils[11] in das Verfahren eintreten.[12]

Erstreitet ein Elternteil einen Titel, schließt einen Vergleich oder erwirkt eine einstweilige Anordnung, so ist das Kind nach § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB später daran gebunden.[13]

Im Verfahren ist die Verfahrensstandschaft als Zulässigkeitsvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen.

Für den Fall der Beendigung der Verfahrensstandschaft durch Wegfall der Vertretungsvoraussetzungen nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB siehe sogleich II. 1. Diese müssen nämlich stets kumulativ vorliegen.

[3] BeckOGK/Amend-Traut, Stand 1.12.2022, BGB § 1629 Rn 104; MüKo-BGB/Huber, 8. Aufl. 2020, § 1629 Rn 94.
[4] BT-Drucks 7/650, S. 176; BT-Drucks 13/4899, S. 96; BT-Drucks 18/5901, S. 23; BGH FamRZ 2013, 1378.
[6] OLG Brandenburg MDR 2015, 1427; KG FamRZ 1988, 313; MüKo-BGB/Huber, 8. Aufl. 2020, § 1629 Rn 100. Aus der Beteiligtenstellung des Elternteils ergibt sich ferner, dass Wideranträge auf Zahlung von Trennungsunterhalt möglich sind, OLG Köln FamRZ 1995, 1497. Auch kommt es für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auf die Person des Elternteils an, vgl. BGH FamRZ 2006, 32; BGH FamRZ 2005, 1164.
[7] BGH FamRZ 1990, 283; BGH FamRZ 2013, 1378; BGH FamRZ 2014, 917; OLG Schleswig FamRZ 2014, 1643; wohl unzutreffend daher BeckOGK/Amend-Traut, Stand 1.12.2022, BGB § 1629 Rn 106, die den Fall mit dem Ende der Voraussetzungen des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB zu verwechseln scheint.
[8] BGH FamRZ 2013, 1378.
[10] Diese wird er erteilen, andernfalls droht Antragszurückweisung wegen Unzulässigkeit, vgl. Schmitz in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 10 Rn 50.
[11] Da keine Änderung des Streitstoffs erfolgt, bedarf es vor einer mündlichen Verhandlung seiner Zustimmung nicht, BGH FamRZ 2013, 1378. Danach allerdings schon, wobei diese nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 267 ZPO vermutet wird, wenn er sich dazu in den folgenden Terminen rügelos einlässt. Seine Einwilligung kann nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 263 ff. ZPO bei Sachdienlichkeit auch ersetz werden, vgl. BGH FamRZ 2012, 1793; BGH FamRZ 2014, 917.
[12] BGH FamRZ 2013, 1378. Der BGH hat 2013 seine Rechtsprechung geändert. Bis dato ging er in diesem Fall von einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes aus. Das Kind wurde also zwangsläufig in das Verfahren hineingezogen.
[13] § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB regelt insofern einen gesetzlichen Fall der Rechtskrafterstreckung, soweit es um Beschlüsse geht, vgl. BeckOGK/Amend-Traut, Stand 1.12.2022, BGB, § 1629 Rn 105.

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