Im Rahmen des Kindesunterhalts ist nach wie vor höchstrichterlich nicht geklärt, ob eine einfache Handlung nach § 1613 Abs. 1 BGB (z.B. allgemeines Auskunftsverlangen, siehe oben) ausreicht, um auch für Mehrbedarf eine Verpflichtung zur Zahlung für die Vergangenheit zu begründen. Dies wird teilweise abgelehnt und gefordert, man müsse den Mehrbedarf gesondert neben dem Elementarbedarf geltend machen.[117] Nach dieser Auffassung müsste mit dem Auskunftsverlangen vorsorglich der Mehrbedarf genannt werden und am besten der Höhe nach belegt werden, damit sich der Schuldner darauf einstellen kann, auch diesen zumindest anteilig zu zahlen. Eine Quote kann naturgemäß ohne die Auskunft noch nicht dargelegt werden. Die Gegenauffassung geht davon aus, dass die oben genannte Rechtsprechung des BGH zum Altersvorsorgeunterhalt[118] auf den Fall des Mehrbedarfs beim Kindesunterhalt übertragen werden kann, so dass eine Verpflichtung zur rückwirkenden Zahlung des Mehrbedarfs allein durch ein allgemeines Auskunftsverlangen begründet werden kann.[119]
Richtigerweise sollte ein Auskunftsverlangen nach § 1605 BGB auch ohne Nennung einer Mehrbedarfsposition stets die Wirkungen des § 1613 Abs. 1 BGB auch für den Mehrbedarf auslösen. Der Mehrbedarf ist unselbstständiger Teil des Unterhaltsanspruchs, auf den der Wortlaut des § 1613 Abs. 1 BGB Bezug nimmt und wird daher umfasst.[120] Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass nur für den Sonderbedarf in § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine von Absatz 1 abweichende Regelung getroffen werden sollte.[121] Der Unterhaltsschuldner kann vor bei Mehrbedarf ohnehin eher seltenen hohen Nachforderungen[122] dadurch ausreichend geschützt werden, dass bei Bezifferung der Mehrbedarf ebenfalls geltend gemacht werden muss, damit keine "Deckelung" eintritt.[123] Die vor Bezifferung bestehende Unsicherheit hat der Gesetzgeber mit Einführung der "Verzugsbegründung" durch eine Handlung nach § 1605 BGB durch das Gesetz zur Vereinfachung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder vom 6.4.1998, in Kraft seit 1.7.1998, bewusst in Kauf genommen.[124] Der Unterhaltspflichtige hat zudem ebenfalls Ansprüche nach § 1605 BGB gegen das Kind und beim Mehrbedarf auch gegen den anderen Elternteil.[125] Er kann also ebenfalls Klarheit über die Höhe des Mehrbedarfs, den er schulden könnte, herbeiführen.
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen