Wesentlicher Leitfaden auch des Abstammungsrechts sollte zunächst stets das Wohl des Kindes sein,[5] welches auch grundrechtlich geschützt ist.[6] Zwar wird häufig gesagt, dass das Abstammungsrecht das Kindeswohl gerade nicht zu berücksichtigen habe.[7] Diese beiden Aussagen stehen, näher betrachtet, nicht in einem Widerspruch, sondern sie meinen nur jeweils andere Fragestellungen. Insofern sind sie beide richtig. Die zweite Aussage bezieht sich nämlich nicht auf das Abstammungsrecht als solches, sondern auf die Betrachtung des Wohls des individuellen Kindes bei der Bestimmung seiner Abstammung. Eine solche erfolgt – zumindest in aller Regel[8] – nicht. Im Abstammungsrecht geht es in der Tat, anders als im Sorgerecht, nicht um das Wohl des konkreten Kindes im Verhältnis zu bestimmten Elternpersönlichkeiten. Die Regelungen sind abstrakt.

Tritt man jedoch einen Schritt zurück und bezieht sich auf die gesetzlichen Regelungen in ihrer Gesamtheit und ihrer Zielrichtung, so besteht Einigkeit darüber, dass diese allein den Zweck haben können, eine möglichst stabile Zuordnung des Kindes zu seinen Eltern zu begründen, um dem Kind ein wirtschaftlich und sozial sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Diese Ausrichtung auf das Ziel, stabile rechtliche Beziehungen für das Kind zu schaffen, fokussiert also – und das dürfte unstreitig sein – das Kindeswohl.

Daran muss sich auch eine Modernisierung des Abstammungsrechts also stets orientieren.

[5] Nachdrücklich Coester-Waltjen, Statusrechtliche Folgen der Stärkung der Rechte der nichtehelichen Väter, FamRZ 2013, 1693, 1699.
[6] Insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 GG, siehe nur BVerfG NJW 2010, 2336; für einen eigenen, ungeschriebenen Grundsatz Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, S. 130.
[7] Helms, Abstammungsrecht und Kindeswohl, in: Röthel/Heiderhoff (Hrsg.), Regelungsaufgabe Vaterstellung: Was kann, was darf, was will der Staat?, 2014, S. 19.
[8] Eine Ausnahme wird bei der Konkurrenz zwischen zwei Vätern diskutiert, dazu unten II. 3. b).

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