Zu dem "Wandel des Eheverständnisses hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Transsexuellengesetzes vom 17.7.2009 (BGBl I, S. 1978) mit beigetragen", heißt es in dem vorerwähnten Entwurf des Eheöffnungsgesetzes,[75] indem er, der Gesetzgeber, die Entscheidung des BVerfG vom 27.5.2008[76] zum Anlass genommen habe, durch Streichung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG bereits gleichgeschlechtliche Ehen zuzulassen, und das, obwohl das Gericht ihm ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt habe zu bestimmen, dass das als "Ehe" begründete Rechtsverhältnis zwar mit gleichen Rechten und Pflichten, aber unter anderem Etikett weitergeführt wird, und damit "… die strikte Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe zu verteidigen.". In der Tat hatte das Gericht dem Gesetzgeber diesen Freiraum eröffnet, gleichzeitig aber die genannte Bestimmung des Transsexuellengesetzes mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und insbesondere auch mit Art. 6 Abs. 1 GG für nicht vereinbar erklärt, weil sie einem verheirateten Transsexuellen, der sich geschlechtsändernden Operationen unterzogen hatte, die Möglichkeit zur personenstandsrechtlichen Anerkennung seiner neuen Geschlechtszugehörigkeit nur einräumte, wenn seine Ehe zuvor geschieden worden war.

Diese Entscheidung knüpfte einerseits an den bereits aus dem Jahr 1978 stammenden Beschluss des BVerfG[77] zur Berichtigung der Eintragung des männlichen Geschlechts eines Transsexuellen im Geburtenbuch (wenn es sich nach medizinischen Erkenntnissen um einen irreversiblen Fall von Transsexualismus handelt und eine Geschlechtsumwandlungsoperation durchgeführt worden ist) und andererseits an die (erste) Grundsatzentscheidung des Gerichts von 2005[78] nach Erlass des Transsexuellengesetzes an. In diesen beiden Entscheidungen wurde das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Anerkennung der selbstbestimmten geschlechtlichen Identität kreiert und ausgeformt, mit der Folge, dass es (bereits) in der 2005'er-Entscheidung vom Gericht als Verletzung des durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Namensrechts eines homosexuell orientierten Transsexuellen sowie seines Rechts auf Schutz seiner Intimsphäre eingestuft wurde, dass Art. 7 Abs. 1 Nr. 3 TSG ihm eine rechtlich gesicherte Partnerschaft nicht ohne Verlust des geänderten, seinem empfundenen Geschlecht entsprechenden Vornamens eröffnete. Zwischenzeitlich erging 2006 dann noch die Entscheidung des BVerfG[79] zum Ausschluss transsexueller Ausländer von der Möglichkeit, ihren Vornamen zu ändern oder die geänderte Geschlechtszugehörigkeit feststellen zu lassen, sofern deren Heimatrechte vergleichbare Regelung nicht kennt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 TSG), was das Gericht als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1) i.V.m. dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1) jedenfalls für den Fall qualifizierte, das sich diese Ausländer rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhielten.

Mit der Entscheidung des BVerfG von 2011[80] "kippte" dann auch die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4 TSG, soweit dadurch ein homosexueller Transsexueller zur rechtlichen Absicherung seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nur dann eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen konnte, wenn er sich zuvor einem seine äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hatte sowie dauernd fortpflanzungsunfähig war und aufgrund dessen personenstandsrechtlich im empfundenen und gelebten Geschlecht Anerkennung gefunden hatte. Diese über die "kleine Lösung" des § 1 TSG (Änderung des Vornamens ohne vorherigen operativen geschlechtsanpassenden Eingriff) hinausgehende Voraussetzung für die "große Lösung" des § 8 TSG, die zur personenstandsrechtlichen Anerkennung des empfundenen Geschlechts führt, hat das Bundesverfassungsgericht als unzumutbare Beeinträchtigung der Grundrechte auf sexuelle Selbstbestimmung sowie auf körperliche Unversehrtheit eingestuft. Denn es könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das Vorliegen einer ernsthaften unumstößlich empfundenen Transsexualität allein aufgrund der Bereitschaft zur operativen Geschlechtsumwandlung festgestellt werden könne. Und durch die Transsexuellen eröffnete Möglichkeit der (grundsätzlich verschiedengeschlechtlichen) Eheschließung werde, so das Gericht weiter, ein Transsexueller mit "kleiner Lösung" und gleichgeschlechtlicher Orientierung rechtlich und nach außen erkennbar in eine Geschlechterrolle verwiesen, die seiner selbstempfundenen widerspreche. Zugleich werde seine Transsexualität offenkundig. Er müsse deshalb die Möglichkeit der Eingehung einer (gleichgeschlechtlichen) Lebenspartnerschaft haben und dürfe daran durch das Transsexuellengesetz nicht gehindert werden. Mit dem "Federstrich des Gesetzgebers" des Eheöffnungsgesetzes vom 20.7.2017 und der damit verbundenen Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Partner (s.o. Nr. 10) ist diese vergleichsweise sensible Argumentation des BVerfG gegenstandslos g...

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