Bei der Berücksichtigung der latenten Ertragsteuern handelt es sich um einen Sonderfall im Familien- und Erbrecht. Im Gesellschaftsrecht ist ein solcher Ansatz bei der Ermittlung von Fortführungswerten nicht vorgesehen. Auch der BFH sieht – selbst bei der Ermittlung der steuerlichen Wertuntergrenze – keinen Abzug der latenten Ertragsteuern vor.[72]

In der Rechtsprechung des 12. Senats ist hingegen anerkannt, dass bei der stichtagsbezogenen Bewertung im Zugewinnausgleich eine latente Steuerlast wertmindernd ins Gewicht fällt. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist, vielmehr handelt es sich um eine Konsequenz der Bewertungsmethode.[73] Diese Rechtsprechung hat deutliche Kritik erfahren. Auch die Verfasser dieses Beitrags stehen dem Abzug latenter Steuern kritisch gegenüber, da diese faktisch niemals zu einer hälftigen Verteilung des Zugewinns führen und auch keine sachgerechte Annahme für einen gerechten Verteilungsmaßstab enthalten.[74]

Bisher noch nicht entschieden ist hingegen die Frage, wie der BGH zu dem Ansatz eines abschreibungsbedingten Steuervorteils steht. Dieser sog. tax amortization benefit, der nach IDW-Grundsätzen zu berücksichtigen ist,[75] wurde in der Literatur kontrovers diskutiert.[76] Hier bleibt die Entscheidung des 12. Senats abzuwarten.

[74] Vgl. Ballhorn/König, FamRZ 2018, 164.
[75] Vgl. IDW S 13 (Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht), IDW Life 7/2016, Tz. 38.
[76] Kritisch hierzu: Borth, FamRZ 2017, 1739 ff.; befürwortend: Ballhorn/König, FamRZ 2018, 165.

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