Nach der Ertragswertmethode sind die den Gesellschaftern künftig zufließenden Erträge zu schätzen und sodann mit dem Kapitalisierungszinssatz abzuzinsen.[36]

1. Gesellschaftsrecht

Für die Ermittlung des Zukunftsertrags ist grundsätzlich auf Prognosen abzustellen. Jede in die Zukunft gerichtete Prognose, insbesondere die der Ertragswertmethode zugrunde liegende Beurteilung künftiger Erträge, ist ihrer Natur nach mit Unsicherheiten behaftet.[37] Bei der Prognose der künftigen Erträge ist daher weder von den bestmöglichen Aussichten noch von den schlimmsten Befürchtungen, sondern von den mittleren Erwartungen auszugehen.[38]

Hinsichtlich der Plausibilisierung geht die Rechtsprechung von einer eingeschränkten Überprüfbarkeit der Planung und der darin enthaltenen Prognosen durch die Gerichte aus. Die Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob die in der Planung enthaltenen Entscheidungen auf zutreffenden Informationen (Tatsachengrundlagen) und realistischen Annahmen fußen; diese dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein.[39] Die Ansätze müssen nachvollziehbar, widerspruchsfrei und vertretbar sein.[40] Gemäß der Wurzeltheorie[41] dürfen nur jene Erkenntnisse berücksichtigt werden, deren Wurzeln in der Zeit vor dem Bewertungsstichtag gelegt wurden. Insbesondere die Zugrundelegung von nach dem Stichtag tatsächlich erzielten Ergebnissen, als Ersatz für die Prognose der zukünftigen Überschüsse, scheidet grundsätzlich aus. Die Plausibilität der Planung wird nach Ansicht des OLG Düsseldorf vom 18.8.2016 auch grundsätzlich nicht durch die Entwicklung der tatsächlichen Ergebnisse in Frage gestellt. Für die Unternehmensbewertung maßgeblich sei der Informationsstand, der bei angemessener Sorgfalt am Bewertungsstichtag bestanden haben könnte.[42]

[42] Vgl. OLG Düsseldorf v. 18.8.2016 – I-26 W 12/15 (AktE), AG 2017, 827–832, Rn 54. Ähnlich OLG Frankfurt v. 20.7.2016 – 21 W 21/14, AG 2017, 832–837, Rn 50: nachdem plausible Planwerte aus Sicht des Bewertungsstichtags erforderlich seien, die eine reine Ex post-Betrachtung regelmäßig nicht zu liefern vermögen.

2. Familien- und Erbrecht

Nach den Entscheidungen des 12. Senats wird im Rahmen der Ertragswertmethode die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt (Zukunftserfolgswert) und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt.[43] Verbindliche Regelungen darüber, welcher Zeitraum bei der Unternehmensbewertung zugrunde zu legen ist, gibt es nicht. Der Durchschnittsertrag wird in der Regel auf Basis der letzten drei bis fünf Jahre ermittelt, wobei die jüngeren Erträge stärker gewichtet werden können als die älteren.[44]

3. Würdigung

Während in der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung unbestritten ist, dass die Ermittlung von Ertragswerten auf Prognosen und Planungen basiert und die Plausibilität der Planung im Vordergrund steht, konzentriert sich die Rechtsprechung im Familienrecht auf die in der Vergangenheit erzielten Ergebnisse.

Der für die Wertermittlung maßgebliche Durchschnittsertrag soll in der Regel auf Basis der letzten drei bis fünf Jahre ermittelt werden, wobei die jüngeren Erträge stärker gewichtet werden können. Diese Rechtsprechung führt in der Praxis dazu, dass die Ertragswerte von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) regelmäßig auf in der Vergangenheit erzielten Ergebnissen basieren. Dieses Vorgehen ist weder methodisch sachgerecht noch vertretbar, da es nur zufällig zum richtigen Ergebnis führen kann.[45] Ertragswerte sind immer zukunftsbezogen zu ermitteln. Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt auch für KMU.[46] Auch der 12. Senat verneint den Zukunftsbezug nicht, indem er auf den Zukunftserfolgswert verweist. Mit der "Anleitung" zur Ermittlung schränkt er diese Forderung jedoch erheblich ein. Der vor- und ungesehene Rückgriff auf Vergangenheitsergebnisse kann der Ermittlung eines Verkehrswerts nicht gerecht werden.

[45] Vgl. Ballhorn/König, NJW 2018, 1911 ff.
[46] Vgl. Ballwieser (et al.), WPg 2014, 464 f.

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