ZPO § 124 Nr. 2 $ 120 Abs. 4

Leitsatz

Weigert sich der Antragsteller, ungeschwärzte Kontoauszüge für die letzten sechs Wochen vorzulegen, so ist es verhältnismäßig, die Prozesskostenhilfe zu entziehen, auch wenn keine konkreten Anhaltspunkte für Falschangaben vorliegen.

(Leitsatz der Redaktion)

OLG Schleswig, Beschl. v. 22.12.2010 – 15 WF 305/10 (AG Norderstedt)

1 Aus den Gründen:

Das Familiengericht hat den die Prozesskostenhilfe gewährenden Beschluss vom 13.5.2008 gemäß §§ 124 Nr. 2, 120 Abs. 4 ZPO zu Recht aufgehoben, da die Beklagte ihrer Auskunftspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist.

Es ist sachgerecht und verhältnismäßig, zum Beleg der von der Beklagten gemachten Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse Kontoauszüge für einen Zeitraum von 6 Wochen anzufordern. Die Erfüllung dieser Mitwirkungspflicht steht nicht nur in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung, sondern kann der Beklagten auch zugemutet werden. Die Anforderung von Kontoauszügen zum Beleg von Vermögensangaben erfordert zur Rechtmäßigkeit nicht, dass sich anhand der von der Beklagten gemachten Angaben konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Angaben ergeben. Das ist bei schlichten Zahlenangaben in den seltensten Fällen der Fall. Die Kontoauszüge dienen vielmehr dazu, nachzuvollziehen, was die Beklagte in ihrer formularmäßigen Erklärung ausgeführt hat. Dass die Angaben, die aus den Kontoauszügen ersichtlich sind, höchstpersönlicher Natur sind, liegt in der Natur der Sache. Bei Beantragung von Prozesskostenhilfe sind gerade Angaben zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen erforderlich, die notwendigerweise persönlicher Natur sind. Dieser Faktor stellt also keinen Grund dar, aus dem heraus die Vorlage von Kontoauszügen im vorliegenden Fall unzumutbar sein könnte.

Auch die Anforderung ungeschwärzter Kontoauszüge ist verhältnismäßig, selbst wenn keine konkreten Anhaltspunkte für Falschangaben vorliegen. Wenn Inhalte auf Kontoauszügen geschwärzt sind, ist es hierdurch gerade nicht möglich, nachzuvollziehen, ob die von der Beklagten gemachten Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen richtig sind oder ob nicht Einnahmen getätigt wurden, die die Beklagte möglicherweise verschwiegen hat. Darüber hinaus kann bei geschwärzten Kontoauszügen gerade nicht nachvollzogen werden, ob die Beklagte nicht z.B. Ausgaben für eine Vermögensbildung tätigt, die sie im Rahmen ihres PKH-Antrages nicht angegeben hat. Es ist ermessenfehlerfrei, wenn das Familiengericht unter diesen Voraussetzungen zu dem Schluss gelangt, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Richtigkeit gemachter Angaben so nicht möglich ist.

Vor diesem Hintergrund ist es auch verhältnismäßig, der Antragstellerin die gewährte Prozesskostenhilfe zu entziehen, da sie sich weigert, ungeschwärzte Kontoauszüge für die letzten 6 Wochen vorzulegen.

Das Familiengericht hat sein Ermessen daher fehlerfrei ausgeübt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt und Notar Jürgen Müller-Schönemann, Norderstedt

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