BGB n.F. § 1573 Abs. 2 BGB n.F. § 1578b Abs. 1

Leitsatz

1. Der Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen kann auch bei einer Ehedauer von 27 Jahren gem. § 1578b I BGB n.F. der Höhe nach auf den angemessenen Bedarf zu begrenzen sein, wenn dem Unterhalt Begehrenden ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind.

2. Der angemessene Bedarf i.S. von § 1578b I BGB n.F. orientiert sich grundsätzlich an dem Einkommen des Unterhalt Begehrenden vor der Ehe oder dem Einkommen, das er ohne die Ehe hätte. Eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt kommt in der Regel aber nicht in Betracht.

(Leitsätze der Einsenderin)

OLG Bremen, Beschl. v. 10.4.2008 – 4 UF 6/08 (AG Bremen-Blumenthal)

Aus den Gründen

Aus den Gründen: Die beabsichtigte Berufung des Antragstellers hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang auch Aussicht auf Erfolg …

Der Bedarfsermittlung ist somit ein anrechenbares Einkommen des Antragstellers i.H. von (1.677,46 EUR abzgl. 33,00 EUR =) 1.644,46 EUR zugrunde zu legen.

Was das Einkommen der Antragsgegnerin anbelangt, rügt der Antragsteller zu Recht, dass das AG entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin (unter Berücksichtigung eines Stundenlohns von 5,50 EUR brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden) lediglich ein fiktives Einkommen von 715,00 EUR netto angerechnet hat. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin über keine Berufsausbildung verfügt und während der Ehe lediglich einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass sie bei Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung lediglich einen Bruttostundenlohn von 5,50 EUR erzielen könnte, zumal die Antragsgegnerin bislang keinerlei Erwerbsbemühungen dargetan hat, die ihren diesbezüglichen Vortrag stützen könnten. Auch unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragsgegnerin geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin z.B. als Verkäuferin oder im Bereich der Nachbarschaftshilfe (bei einem Bruttostundenlohn von 7,25 EUR und 38,5 Std.-Woche) monatlich (gerundet) 900 EUR verdienen könnte. Ein Einkommen in der genannten Höhe muss sich die Antragsgegnerin daher zurechnen lassen. Hiervon sind – der Berechnung des Antragstellers folgend – berufsbedingte Aufwendungen von 40,00 EUR monatlich abzuziehen, so dass der Bedarfsermittlung ein anrechenbares Einkommen von 860,00 EUR zugrunde zu legen ist …

Dieser der Antragsgegnerin zustehende Unterhalt (304,00 EUR Elementarunterhalt + 76,00 EUR Vorsorgeunterhalt =) von insgesamt 380,00 EUR ist allerdings ab dem 1.6.2011 zu reduzieren.

Nach § 1578b BGB n.F. ist der nacheheliche Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen und/oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs unbillig wäre. Bei der danach vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß dem Unterhalt Begehrenden durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (BT-Drucks 16/1830 S. 19). Insoweit ist zu prüfen, welchen beruflichen Werdegang der Unterhalt Begehrende ohne die Wirkungen der Ehe hätten nehmen können. Maßstab sind hierbei die vor der Ehe erlangte Ausbildung bzw. vorhandene Fähigkeiten (Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, Rn 141). Die Antragsgegnerin, die über keine Berufsausbildung verfügt, hat vor Eingehung der Ehe mit dem Antragsteller als ungelernte Kraft in einer Gärtnerei und später in einer Heißmangel gearbeitet. Nachdem die Kinder der Parteien herangewachsen waren, hat sie auf nicht sozialversicherungspflichtiger Basis als Putzfrau gearbeitet. Ehebedingte Nachteile in ihrer Erwerbsbiografie sind der Antragsgegnerin, die nach wie vor als ungelernte Kraft arbeitet, danach nicht entstanden. Auch sie selbst geht davon aus, dass sie ihre vor der Ehe ausgeübte Tätigkeit auch ohne Eheschließung fortgesetzt hätte. Dies hat zur Folge, dass der Unterhalt – nach einer Übergangszeit – auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist. Der angemessene Bedarf ist im Gesetz nicht näher geregelt. Als Anknüpfungspunkt ist im Regelfall hierfür die Lebensstellung des Berechtigten vor der Eheschließung oder die Lebensstellung, die der Berechtigte ohne die Ehe gehabt hätte, heranzuziehen (Viefhues, FPR 2008, 36; Borth, a.a.O., Rn 137; Hoppenz/Hülsmann, Der reformierte Unterhalt, § 1578b Rn 11). Der angemessene Bedarf orientiert sich somit am Einkommen der Antragsgegnerin vor der Ehe. Danach wäre der angemessene Bedarf der Antragsgegnerin entsprechend dem von ihr aus einer ungelernten Tätigkeit zu erzielenden Einkommen mit 900,00 EUR in Ansatz zu bringen. Da jedoch eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt (derzeit: 1.000,00 EUR) in der Regel nicht in Betracht kommt, auch wenn wie hier der voreheliche Lebensstandard des Unterhalt Begehrenden geringer war (Viefhues, a.a.O.; Gerhardt, Handbuch des Fachanwalts Familienre...

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