Der Entscheidung ist nicht in allen Einzelheiten, aber im Ergebnis zuzustimmen.

Es trifft zu, dass § 51 VersAusglG auch bei Vorversterben eines Ehegatten anwendbar ist.[1] Dass der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte aber bei Vorliegen einer ihn begünstigenden wesentlichen Wertänderung eines Anrechts seine volle Versorgung zurückerhält und so gestellt wird, als sei er nicht geschieden worden, stellt eine Überkompensation zu Lasten der Versorgungsträger dar. Der BGH begründet dies damit, dass § 31 Abs. 1 VersAusglG dem überlebenden Ehegatten einen Anspruch auf Versorgungsausgleich gegen die Erben zugesteht, dieser selbst gegenüber den Erben jedoch nicht ausgleichspflichtig ist. Die Begründung oder Übertragung von Anrechten zugunsten der Erben ist daher nicht zulässig. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass Gegenanrechte mit ihrem Wert von vorneherein außer Betracht bleiben müssten. Deshalb hat das OLG Schleswig[2] sich für eine Saldierung der beiderseitigen neu ermittelten Ausgleichswerte ausgesprochen, um die durch § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG untersagte Besserstellung des Überlebenden zu vermeiden. Auf eine etwaige Benachteiligung der Hinterbliebenen und den Wertungswiderspruch zu § 37 ist ebenfalls bereits hingewiesen worden.[3] Der BGH[4] hat seine diesbezügliche Rechtsprechung jedoch erneut bestätigt.

Die Überkompensations-Rechtsprechung des BGH verleitet naturgemäß die Gerichte dazu, diese nach Möglichkeit einzuschränken. Der zuletzt vom BGH[5] vorgenom-menen Einschränkung, dass der Antragsteller nicht unter Berufung auf eine ihn benachteiligende Wertänderung Abänderungsantrag stellen kann im Hinblick auf das erfreuliche Ergebnis der BGH-Rechtsprechung, ist allerdings zuzustimmen. Wie es aber mit der Zulässigkeit eines Abänderungsantrags aussähe, wenn eine ihn benachteiligende mit einer ihn begünstigenden Wertänderung zusammenträfe und ob die Wertänderungen dann saldiert würden, ist damit allerdings noch nicht höchstrichterlich geklärt.[6]

Der Wegfall der Abänderungsmöglichkeit nach altem Recht (§ 10a VAHRG) begründet lediglich die Notwendigkeit einer Abänderungsnorm im Übergangsrecht, nicht jedoch die vom BGH daraus hergeleitete Überkompensation im Fall des Vorversterbens des Ehegatten mit den geringeren Anrechten. Das VAHRG ist vielen jüngeren Rechtsanwalts- und Richterkolleg(inn)en auch nicht mehr vertraut, die sich mit den komplexen Versorgungsausgleichsfällen ohnehin genug plagen. Dies gilt erst recht, nachdem jetzt immer mehr schwierige Abänderungsverfahren und Verfahren zum schuldrechtlichen (Rest)ausgleich anhängig werden. Demnächst wird auch die zum 1.1.2021 eingeführte Grundrente[7] hinzukommen, bei der neuartige Versorgunganrechte geteilt werden und wegen der Einkommensgrenzen unklar ist, ob daraus jemals eine Auszahlung erfolgen wird. Es sollte daher in der Rechtsprechung der Obergerichte nicht zusätzliches Wissen dahingehend gefordert werden, wie die Rechtslage nach dem alten Recht gewesen wäre.[8]

Die Abänderung nach § 51 VersAusglG ist dann zulässig, wenn bei einem in den früheren Ausgleich einbezogenen Anrecht eine wesentliche Wertänderung eingetreten ist oder wenn hierdurch eine Wartezeit erfüllt werden kann (§ 225 Abs. 3 und 4 FamFG). Ist dies der Fall, so sind alle Anrechte in den Ausgleichsformen des neuen Rechts zu teilen (Totalrevision). Im vorliegenden Fall macht die Antragstellerin zu Recht geltend, dass ihr bei einer Totalrevision von ihrem verstorbenen Ehemann gesetzliche Rentenanrechte übertragen würden, durch die sie die Mindestwartezeit von 60 Monaten erfüllen kann. Es handelt sich nach der Systematik des § 51 VersAusglG also nicht um eine fiktive, sondern um eine reale Wartezeiterfüllung.

Nach dem BGH[9] gewährt das Gesetz demjenigen eine Abänderungsmöglichkeit, der sich auf einen wesentlichen Wertunterschied berufen kann, obwohl eine in der Totalrevision nach § 31 Abs. 1 S. 2 zu treffende Entscheidung "nicht mehr durch die eingetretene Wertänderung, sondern nur durch das Vorversterben des insgesamt ausgleichberechtigten Ehegatten beeinflusst wird." Dies muss in gleicher Weise für die Erfüllung einer Wartezeit als alternative Zulässigkeitsvoraussetzung eines Abänderungsantrags nach § 51 VersAusglG gelten.

Im vorliegenden Fall ist die Abänderung jedoch auch nicht wegen der Erfüllung einer Wartezeit zulässig. Der Wortlaut des § 225 Abs. 4 FamFG erfordert nämlich, dass die Abänderung für die Erfüllung der Wartezeit kausal ist. Erst aufgrund der Abänderung muss eine für die Versorgung der ausgleichsberechtigten Person maßgebende Wartezeit erfüllt werden.[10] Hier war die Mindestwartezeit der gesetzlichen Rentenversicherung von 60 Monaten jedoch bereits nach der Erstentscheidung und nicht erst aufgrund der Abänderung erfüllt, da die Wertänderung des Ausgleichswertes bei dem gesetzlichen Rentenanrecht des geschiedenen Ehemannes lediglich 0,06 DM betrug. Nach dem alten Recht wirkte sich die Wartezeiterfüllung für die Antragstellerin jedoch nicht aus, da die Rentenanre...

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