Gründe: I. [1] Die Parteien lebten von 2007 bis 2017 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Der Beklagte erwarb im Jahr 2011 zum Preis von 47.000 EUR ein Hausgrundstück zu Alleineigentum, das die Parteien nach Renovierung mit einem Kostenaufwand von rund 120.000 EUR gemeinsam bewohnten. Die Einkünfte der Klägerin aus einer Witwenrente, einer Erwerbsminderungsrente sowie einer privaten Pflegezusatzversicherung wurden unmittelbar auf das Konto des Beklagten überwiesen und beliefen sich im Zeitraum vom 1.1.2015 bis zur Trennung der Parteien am 28.6.2017 insgesamt auf rund 77.675 EUR. Der Beklagte überwies auf das Konto der Klägerin monatlich 300 EUR mit dem Verwendungszweck "Haushalt". Darüber hinaus wurde Pflegegeld in Höhe von monatlich 545 EUR unmittelbar auf das Konto der Klägerin ausbezahlt. Der Beklagte hatte eigene Renteneinkünfte in Höhe von rund 2.024 EUR monatlich und leistete für die Finanzierung des Anwesens eine monatliche Annuität in Höhe von 988 EUR.

[2] Die Klägerin hat den Beklagten im Berufungsverfahren noch auf Zahlung von 49.174,80 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen und diesen Betrag errechnet, indem sie von ihren im Zeitraum 1.1.2015 bis 28.6.2017 auf dem Konto des Beklagten eingegangenen Einkünften die monatlichen Überweisungen "Haushalt" in Höhe von 300 EUR und eine monatliche Miete in Höhe von 650 EUR abgezogen hat. Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der Tochter der Klägerin abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage ohne erneute Beweisaufnahme bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

II. [3] Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO im Umfang der Anfechtung zur Zulassung der Revision und zur Aufhebung des angegriffenen Urteils sowie insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

[4] 1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

[5] Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB. Aufgrund der gesamten Umstände, insbesondere der Gestaltung und des Ablaufs der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien, habe der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung der Klägerin die übereinstimmende Vorstellung einer lebenslangen gemeinschaftlichen Nutzung des Hauses durch die Parteien zugrunde gelegen. Dem Vorbringen der Klägerin, sie habe in der Erwartung des Fortbestands der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und mit Rücksicht auf die bis zu ihrem Lebensende mögliche Mitnutzung der Immobilie die Zahlungen auf das Beklagtenkonto zur Finanzierung des Anwesens im Innenverhältnis geleistet, sei der Beklagte nicht entgegengetreten. Dieser habe lediglich eine Übereinkunft der Parteien in Bezug auf den gemeinsamen Erwerb der Immobilie bestritten, ihren Willen zur Nutzung als gemeinsame Wohnung und Alterssitz zur Sicherung der gemeinsamen Altersversorgung aber bestätigt. Dass sich die Klägerin mit der Anweisung der Zahlung auf das Konto des Beklagten nach Vorstellung beider Parteien an der Hausfinanzierung habe beteiligen wollen, belege auch die Aussage der in erster Instanz vernommenen Zeugin. Damit habe der Beklagte das lebenslange Wohnrecht als Zweck der Leistungen der Klägerin erkannt und diese entgegengenommen, ohne zu widersprechen. Der Beklagte sei auch dem Vorbringen der Klägerin, dass mit den Geldeingängen auf seinem Konto die auf dem Haus lastenden Annuitäten bedient werden sollten, nicht substanziiert entgegengetreten. Vielmehr lasse sich seinem eigenen Vortrag die Vereinbarung entnehmen, zur Sicherstellung dieser Zahlungsverpflichtungen alle finanziellen Eingänge auf sein Konto leiten zu lassen. In diese Richtung deute zudem die Aussage der in erster Instanz vernommenen Zeugin.

[6] 2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass dem angefochtenen Urteil ein entscheidungserheblicher Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG zugrunde liegt, weil es die Aussage der vom Landgericht vernommenen Zeugin abweichend gewürdigt hat, ohne sie erneut zu vernehmen.

[7] a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszugs gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist allerdings eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es seine Glaubwürdigkeit anders als die Vorinstanz beurteilt (vgl. Senatsurt. v. 30.10.2002 – XII ZR 273/99, juris Rn 15) oder die p...

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