Kindschaftsverfahren. Das sind die Kindschaftssachen aus dem Katalog des § 151 FamFG: namentlich elterliche Sorge (insbesondere §§ 1671, 1628, 1666, 1666a BGB), Umgangsrecht, Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, Kindesherausgabe, Vormundschaft, Pflegschaft, Genehmigung freiheitsentziehender Unterbringung und freiheitsentziehender Maßnahmen, Anordnung freiheitsentziehender Unterbringung nach PsychKG.

Jugendamt, Verfahrensbeistand, Sachverständige. Ich nenne sie Akteure, professionelle Akteure, weil der Begriff der Beteiligten nicht passt (der Verfahrensbeistand ist immer Beteiligter, der Sachverständige ist nie Beteiligter, das Jugendamt ist manchmal Beteiligter). Beteiligte sind außerdem die Eltern und das Kind, um deren Handeln im Verfahren es hier jedoch nicht gehen soll. Zugleich werden andere Akteure in den Blick geraten: Rechtsanwältinnen und Richter.

Entscheiden: Die Entscheidung beginnt nicht erst, wenn die Richterin den Beschluss abfasst und ihn sodann "erlässt" im Sinne von § 38 Abs. 3 FamFG. Nicht erst, wenn die tatsächlichen Feststellungen und der Subsumtionsvorgang schriftlich fixiert werden. Jede Entscheidung beginnt mit dem ersten Schritt ihrer Vorbereitung. "Entscheidend" sind:

die Gestaltung des Verfahrens,
die Gestaltung der Anhörungen und persönlichen Anhörungen,
die Gestaltung der Amtsermittlung,
5der Gebrauch des Freibeweises und des Strengbeweises.

Denn gemäß § 37 Abs. 1 FamFG entscheidet das Gericht nach seiner aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

Zur Verdeutlichung: Gibt es einen Unterschied zwischen den Akteuren im Kindschaftsverfahren und dem Studiopublikum der früheren ZDF-Serie "Wie würden Sie entscheiden?" Die Antwort lautet: Der Moderator[8] der ZDF-Sendung stellt allen aus dem Publikum die gleiche Frage; alle beantworten die gleiche Frage. Demgegenüber darf sich der Richter im Kindschaftsverfahren nicht darauf beschränken, allen die gleiche Frage vorzulegen. Wenn im Kindschaftsverfahren die Amtsermittlung so aussieht, dass alle Akteure nur sagen, wie sie entscheiden würden, ist etwas schiefgelaufen. Der Gesetzgeber des Kindschaftsverfahrens hat nicht eine einzige Rolle einfach nur mehrfach besetzt. In Fortbildungen bei Jugendämtern zum Kindschaftsverfahren begegnet mir mitunter die Aussage: "Manchmal habe ich den Eindruck, hier machen irgendwie alle das Gleiche". Der Gesetzgeber hat aber verschiedene, sich deutlich voneinander unterscheidende Rollen geschaffen und spezifische Aufgaben verteilt.

[8] Gerd Jauch, später Bernhard Töpper.

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