Der Kindeswille stellt einen maßgeblichen Bezugspunkt für die Beurteilung des Kindeswohls dar. Bei mehreren Anhörungen erklärten die Kinder des Klägers, sie wollten im Haushalt des Vaters wohnen. Im Grundsatz stellt diese Wiederholung der Auffassung des Kindes in unterschiedlichen Situationen über eine erhebliche Zeitspanne einen Anhaltspunkt für einen beachtlichen Willen dar.[31] Auch das geringe Alter der Kinder (9 bzw. 10 Jahre) schloss die Beachtung des Kindswillens nicht von vornherein aus, da die Prüfung der Beachtlichkeit des Kindeswillens im Einzelfall unter Berücksichtigung der Reife und des Entwicklungsverständnisses vorzunehmen ist. Jedoch mindert sich die Beachtlichkeit wesentlich, wenn der Kindeswille von äußeren Umständen beeinträchtigt wird.[32] In dem zugrunde liegenden Sachverhalt wurde durch den Sachverständigen nachvollziehbar dargelegt, dass keine autonome Willensbildung vorlag. Die Kinder nannten lediglich die Vorzüge des Wohnens des Vaters. Zudem lag seitens des Vaters eine erhebliche Beeinflussung vor.[33] Das OLG Frankfurt hat dabei zutreffend dargestellt, dass der Kindeswille durch die "Instrumentalisierung" des Vaters als Grundlage für die Bestimmung des Kindeswohls nicht geeignet ist. Eine Berücksichtigung des Willens des Kindes muss jedoch – wenn auch abgeschwächt – auch dann stattfinden, wenn seitens eines Elternteils eine starke Beeinflussung des Kindes vorliegt.[34]

[31] MüKo-BGB/Hennemann, 2017, § 1671 Rn 63.
[32] MüKo-BGB/Hennemann, 2017, § 1671 Rn 63.
[34] FamRZ 2015, 1093, 1094.

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