Es bestehen keine Bedenken, wenn die Rechtsprechung echte Ausnahmen in Fallgruppen herausarbeitet. Nicht bei jedem Vortrag sollte der Richter jedoch ein psychologisches Gutachten in Auftrag geben oder Zeugen zu den ehelichen Plänen hören.

Der Hinweis in den Süddeutschen Leitlinien, es solle ein angemessener gestufter Übergang geschaffen werden,[10] ist nichts anderes als ein einseitiger Hinweis auf ein neues Altersphasenmodell und mit dem Gesetz (das sicherlich nicht nach der Radbruchschen Formel unerträglich ist) nicht zu vereinbaren. Richtig wäre der Hinweis: In begrenzten, besonderen Ausnahmefällen kann, zeitlich eng befristet, der Unterhaltsanspruch reduziert über drei Jahre gewährt werden; ob für das Kindeswohl eine Halbtagsbeschäftigung besser als eine Vollzeitbeschäftigung wäre, ist grundsätzlich nicht entscheidend. Die Befristung auf drei Jahre ist im Regelfall mit dem Kindeswohl vereinbar.[11]

[10] Abdruck auch bei Schnitzler, MAH Familienrecht, 2. Aufl. 2008, S. 1417, zu Ziffer 17.1, in Ziffer 17.2. wird sogar gefordert, dass im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit bestehe, dies ist mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren: Eine Übergangsfrist wird bereits durch das Alter von drei Jahren geschaffen; auch die Materialien sprechen hierfür: "Konkret: Ist eine Übermittagbetreuung in der Schule vorhanden, kann von dem kinderbetreuenden Elternteil künftig durchaus früher als heute die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden, damit er jedenfalls z.T. selbst und eigenverantwortlich seinen Unterhalt bestreiten kann. Auch zukünftig kommt es aber immer auf den Einzelfall an, also darauf, ob das Kind einfach oder schwierig ist, ob es ständige Hilfe bei den Schularbeiten braucht oder sie eigenständig erledigen kann, ob der Hort nach der Schule problemlos zu erreichen ist usw.; Tendenz zu einem grundsätzlichen weiteren Übergang auch bei Weinrich-Klein, Kommentar FamR, 3. Aufl. 2008, § 1570 Rn 10, Gerhardt, in: Gerhard/v. Heitschel-Heinegg/Klein, Handb. FamR, 6. Aufl. 2008, Kap. 6 Rn 363 (für neue Altersgrenzen in den Leitlinien); auch die frühe Eingliederung der Mutter (oder des betreuenden Vaters) in die Berufswelt (ab dem Kindesalter 3 Jahren) ist nicht grundsätzlich "negativ", setzt sie acht Jahre aus, wird der Wiedereinstieg wesentlich schwerer fallen."
[11] BVerfG FamRZ 2007, 965, 972; Erman-H.U. Graba, 12. Aufl. 2008; § 1570 Rn 4.

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