BGB § 1578b

Leitsatz

Bei einem Unterhalt wegen Krankheit kommt der ehelichen Solidarität gesteigerte Bedeutung zu. Bei einer langen Ehedauer und drohender Verschlechterung des Gesundheitszustandes in der Zukunft kann daher von einer Befristung abgesehen werden.

OLG Nürnberg, Urt. v. 28.1.2008 – 10 UF 1205/07 (AG Regensburg)

Aus den Gründen

Gründe: I. Die Ehe der Parteien wurde am 24.4.1987 geschlossen. Aus der Ehe sind Kinder nicht hervorgegangen. Die Parteien leben seit Oktober 2005 getrennt. Der Ehemann hat sich einer anderen Frau zugewandt.

Das AG Regensburg hat in dem Verfahren 203 F 1595/06 im Scheidungsverbund über Scheidung und Scheidungsfolgen entschieden. Mit Endurteil vom 21.8.2007 hat das AG die Scheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich zu Lasten der Anrechte des Ehemanns durchgeführt und den Ehemann zu einem nachehelichen Unterhalt in Höhe von 156 EUR, gem. § 1573 Abs. 5 BGB a.F., befristet bis August 2012, verurteilt. Unter Ziffer 4 hat das Gericht die Kosten des Scheidungsverfahrens gegeneinander aufgehoben.

Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Befristung ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs sowie gegen die Kostenentscheidung des AG hinsichtlich der Folgesache Unterhalt.

Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Berufung und im Wege der Anschlussberufung eine Befristung des nachehelichen Unterhalts auf die Dauer von zwei Jahren.

Die Antragsgegnerin begehrt Unterhalt gem. § 1572 BGB, da sie krankheitsbedingt nur in der Lage sei, wöchentlich 25 Stunden zu arbeiten. Die gesundheitlichen Einschränkungen ergäben sich aus einem massiven Übergewicht der Antragsgegnerin (115 kg bei einer Größe von 162 cm) mit Folgeschäden im orthopädischen Apparat und beim Blutdruck. 1995 hat sie eine Lymphdrüsenkrebserkrankung bei Bestrahlung und Chemotherapie mit einer fortbestehenden Beeinträchtigung des Haarwachstums überwunden, nach ihren Angaben jedoch verbunden mit einer weiteren Gewichtszunahme. Einer Schilddrüsenunterfunktion wird medikamentös begegnet.

Laut arbeitsmedizinischem und internistischem Gutachten des Sachverständigen vom 21.6.2007 ist die Antragsgegnerin nur eingeschränkt hinsichtlich der ihr möglichen Tätigkeiten und nur zeitlich eingeschränkt arbeitsfähig. Die von ihr praktizierte Tätigkeit von etwa 25 Wochenstunden als Arzthelferin sei nach derzeitigem Gesundheitsbild nicht ausweitbar. Eine Ausweitung der Arbeitszeit sei nur bei einer Gewichtsreduktion von mindestens 30 Kilogramm erreichbar. Dies sei innerhalb von zwei Jahren realisierbar (ergänzende Stellungnahme vom 24.7.2007). Die Leistungsfähigkeit könne sich dann auf 75 % oder mehr einpendeln.

Die Antragsgegnerin begehrt im Hinblick auf ihre gesundheitliche Situation und eine nach ihrer Ansicht drohende Verschlechterung der Arbeitsfähigkeit mit zunehmendem Alter eine Verurteilung des Antragstellers ohne zeitliche Befristung.

Die vom AG auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F. gestützte Befristung sei schon deswegen unrichtig, da kein Aufstockungsunterhalt, sondern ein Unterhalt gem. § 1572 BGB vorliege.

Der Antragsteller begehrt im Hinblick auf die Unterhaltsreform zum 1.1.2008 eine Befristung gem. § 1578b BGB. Er verweist auf die Rspr. des BGH aus den Jahren 2005 und 2006 zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. Die Antragsgegnerin habe keine gemeinsamen Kinder erzogen, ehebedingte Nachteile im Hinblick auf ihre Erwerbstätigkeit seien nicht eingetreten. Bei der Billigkeitsabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin ihre Erwerbsfähigkeit erhöhen könne, wenn sie ihr massives Übergewicht reduziere. Auch sei der Unterhalt auf Grund ihres Essverhaltens gem. § 1579 Nr. 3 BGB a.F. verwirkt.

Der Senat hat bei der mündlichen Verhandlung am 14.1.2008 ein persönliches Bild von den Parteien gewonnen. Eine gütliche Einigung war nicht zu erzielen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil, die eingereichten Schriftsätze und das Verhandlungsprotokoll vom 14.1.2008 Bezug genommen.

II. Auf die zulässige Berufung der Antragsgegnerin war die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs durch das AG aufzuheben und ein unbefristeter Unterhaltsanspruch in der unstrittigen Höhe von derzeit 156 EUR zuzusprechen. Die Anschlussberufung des Antragstellers war damit zurückzuweisen.

Die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin richtet sich gem. § 36 Nr. 7 EGZPO nach dem ab 1.1.2008 geltenden Recht. Gem. § 1578b BGB können nun sämtliche Unterhaltsansprüche geschiedener Ehegatten herabgesetzt oder/und zeitlich begrenzt werden. Gemäß § 1578b Abs. 2 BGB ist ein Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Anspruch unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der ...

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